Kultur:Unesco: Großes Interesse an Welterbeliste für Brauchtum

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Berlin (dpa) - Der Karneval, das Köhlerhandwerk oder der Chorgesang - in Deutschland gibt es nach Einschätzung der Unesco ein großes Interesse, auf die Liste des geistigen Kulturerbes zu kommen.

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Berlin (dpa) - Der Karneval, das Köhlerhandwerk oder der Chorgesang - in Deutschland gibt es nach Einschätzung der Unesco ein großes Interesse, auf die Liste des geistigen Kulturerbes zu kommen.

„Da ist etwas in Bewegung geraten. Den Menschen ist es wichtig, dass nicht nur die großbürgerliche Kultur, sondern auch die lokalen und alltäglichen Traditionen und Bräuche geschätzt werden“, sagte der Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, Christoph Wulf, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa.

Die Kommission beriet bei einem Symposium in Berlin mit rund 150 Experten, wie die entsprechende Unesco-Konvention in der Praxis umgesetzt werden kann. Deutschland war dem Abkommen erst im April beigetreten. Noch bis zum 30. November können sich Vereine, Verbände und Brauchtumsorganisationen bei den jeweiligen Kultusministerien der Länder um die Aufnahme auf die Liste bewerben. Dann folgt ein mehrstufiges Auswahlverfahren.

So wollen es die deutschen Narren mit Karneval, Fastnacht oder Fasching zum Weltkulturerbe schaffen. Das Köhlerhandwerk in Sachsen, die Palmsonntagsprozession im thüringischen Heiligenstadt oder das Ravensburger Rutenfest hoffen genauso auf Chancen wie die deutschen Chöre oder der Bühnenverein, der 6500 Theater vertritt. Im Gespräch sind auch Thüringer Klöße oder Thüringer Bratwurst, die Wassertreter nach Sebastian Kneipp und sogar das Münchner Oktoberfest.

„Das soll kein Wettbewerb oder Wettkampf werden, sondern wir wollen dazu anregen, über die traditionellen Kulturformen nachzudenken, sie zu erhalten und weiterzuentwickeln“, sagte Wulf. „Gerade in einem Land wie Deutschland, in dem es durch die NS-Zeit schwierig war, sich auf bestimmte Traditionen zu beziehen, ist das ein wichtiger Prozess.“

Die Kommission will deshalb nicht nur die Bräuche und Rituale schützen, die es auf die offizielle Liste schaffen. Geplant sei auch ein umfangreicheres Kompendium mit möglichst vielen kulturellen Ausdrucksformen, sagte Wulf. Kriterien für die Auswahl: Der Vorschlag muss den Menschenrechten entsprechen, für die Gemeinschaft von Bedeutung sein und schon mindestens zwei bis drei Generationen praktiziert werden. Zudem dürfen wirtschaftliche Interessen nicht im Vordergrund stehen.

Für die offizielle Liste kann jedes Bundesland bis zum Frühjahr zwei Vorschläge anmelden, zudem sind zwei Gemeinschaftsvorschläge der Länder möglich. Mit Hilfe einer Expertenkommission werden daraus zwei Bewerbungen ausgewählt, die an die Zentrale der UN-Kulturorganisation in Paris gemeldet werden und damit auf die weltweite Liste kommen könnten. Wulf rechnet damit frühestens bis Ende nächsten Jahres.

Übrigens: Bei dem Symposium in Berlin sollte auch darüber nachgedacht werden, wie der sperrige Begriff „immaterielles Kulturerbe“, die offizielle Bezeichnung für die geschützten Kulturgüter, alltagstauglich übersetzt werden kann.

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