Kultur:Golfkurs statt Ausgrabungen im Golconda Fort in Indien

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Hyderabad (dpa) - Das massive Golconda Fort in Südindien, mit Dutzenden Bollwerken und Gräben, wurde nur ein einziges Mal erobert. Und das auch nur, so geht die Saga, weil ein Verräter im Inneren dem Mogulherrscher Aurangzeb das Haupttor öffnete.

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Hyderabad (dpa) - Das massive Golconda Fort in Südindien, mit Dutzenden Bollwerken und Gräben, wurde nur ein einziges Mal erobert. Und das auch nur, so geht die Saga, weil ein Verräter im Inneren dem Mogulherrscher Aurangzeb das Haupttor öffnete.

Derzeit passiere die zweite Beschlagnahmung der Festung, sagen Kritiker. Und wieder seien unlautere Mittel im Spiel.

Diesmal ist es nicht die Attacke einer plündernden Armee. Vielmehr setzt die fehlende Stadtentwicklung der boomenden Millionenstadt Hyderabad der fast 800 Jahre alten Festung zu. Zu Tausenden rücken die Menschen an die alten Gemäuer heran. Illegal bauen sie ihre Häuser direkt an das geschützte Monument und nutzen dafür sogar die Steine der Bauten aus der Qutb-Shahi-Dynastie.

„Was die Städter übrig lassen, nimmt sich die Regierung“, schimpft Anuradha Reddy, Hyderabad-Leiterin der Organisation für Kultur- und Denkmalpflege INTACH. Tatsächlich genehmigte das Tourismusministerium des Bundesstaates Andhra Pradesh einen kompletten 18-Loch-Golfkurs im Naya Qila, dem Teil des Forts aus dem Jahr 1724. Bagger wühlen sich dafür derzeit durch das Gelände, Arbeiter verlegen Wasserleitungen und tragen im Weg stehende Mauern ab - ohne dass vorher Ausgrabungen stattgefunden hätten.

Dabei ist das Golconda Fort (auch: Golkonda Fort) nach offiziellen Angaben der Stadt „eine von Indiens prachtvollsten Festungen“ und „Hyderabads größtes architektonisches Wunder“. Die bis zu zwölf Meter hohen Befestigungsanlagen liegen in drei Ringen rund um einen allein stehenden Granithügel; die äußerste Mauer ist sieben Kilometer lang, unterbrochen von acht Pforten - durch die nun Lastwagen mit Aushub aus dem Fort fahren.

Im Inneren liegen weitere militärische Strukturen wie Wälle, Tore, Bastionen und Waffenkammern, aber auch typische Bauwerke einer mittelalterlichen islamischen Siedlung: Moscheen, Vorratskammern, Tempel, Paläste, Pavillons, Wasserkanäle, Springbrunnen und Gärten, die meisten aus dem 150-jährigen Sultanat der Qutb Shah (1518 bis 1672). Indien setzte das Golconda Fort auf die Vorschlagsliste für Unesco-Weltkulturerbestätten.

Doch die Chancen auf den begehrten Titel sänken, wenn die Authentizität reduziert werde, sagt ein Unesco-Sprecher. Dabei gibt es ausreichende staatliche Regeln zum Schutz des Denkmals. Eine Regierungsanordnung verfügt, dass im Abstand von 100 Metern rund um Monumente „verbotene“ Zonen liegen, und auch innerhalb von 200 Metern darf weder gegraben noch gebaut werden.

„Die Beschränkungen sind hoch, aber keiner setzt sie durch“, beklagt Denkmalschützerin Reddy. Als Kind, in den 1950er Jahren, habe sie von überall her einen wunderbaren Blick auf das Fort gehabt. Nun ist alles mit mehrstöckigen Häusern zugebaut. „Da es unregulierte Siedlungen sind, gibt es kein Abwassersystem, und der ganze Schmutz geht in die Seen, die einst zur Trinkwasserversorgung der Festung genutzt wurden.“

Noch mehr erzürnt sie die kommerzielle Nutzung des Naya Quila. Schon jetzt wird auf dem fein manikürten Rasen zwischen den alten Gemäuern Golf gespielt, und der Ausbau geht weiter. „Wie kann die Regierung von der Bevölkerung Gesetzestreue verlangen, wenn sie sich selbst nicht daran hält?“, fragt Reddy.

Mehrere Archäologen von Cambridge bis zum Metropolitan Museum of Art in New York forderten die Verantwortlichen in einem offenen Brief auf, den Bau zu stoppen. Da im Naya Qila noch nie richtige Ausgrabungen stattgefunden hätten und dort auch bislang keine modernen Gebäude stünden, sei die Einheit der Anlage dort wahrscheinlich viel größer als woanders.

Sowohl das zuständige Ministerium als auch das staatliche archäologische Institut ASI, das seine Zustimmung zum Golfprojekt geben musste, wollten zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Manatosh Mandal vom Forum für ein Besseres Hyderabad wundert das nicht. Seit Jahren werde hier ein unlauteres Spiel gespielt. „Alle Eingänge zum Golfplatz sind heute verschlossen und werden bewacht. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Regel, dass nationale Monumente für alle Menschen zugänglich sein müssen“, echauffiert er sich.

Um den Golfkurs zu bauen, habe das Ministerium das Land den Farmern weggenommen, die zuvor ihr Vieh darauf grasen ließen - und zwar unter dem Vorwand, dort einen Vogelschutzpark anzulegen. „Das war ein abgekartetes Spiel der Lokalregierung und der Betreiber. Das sieht man auch daran, dass die Mitgliedschaft im Golfkurs eigentlich 3 Lakh (3600 Euro) kostet, aber für Beamte nur 15 000 Rupien (180 Euro).“

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