Konzert:Mut zur Botschaft

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2017 war für die Düsseldorfer Punkrockband "Broilers" ein erfolgreiches Jahr: Ihr aktuelles Album landete sofort auf Platz Eins der Charts und erreichte schnell Goldstatus. Dabei bezieht die Band klar Position gegen Rechtsradikalusmus und Wegschau-Mentalität. "Broilers" beenden nun ihre Tour im Münchner Zenith

Von Jürgen Moises, München

Es war das bisher erfolgreichste Jahr der Broilers. "[SIC!]", das aktuelle Album, landete in den Charts sofort auf Nummer Eins und erreichte ebenfalls schnell Goldstatus. Und dass es dann auch noch einen Echo gab, das kommt Sammy Amara, dem Sänger und Gitarristen der Düsseldorfer Punkrockband, schon fast "absurd" vor. Aber dieses Hochgefühl, sagt er, es ist nicht ungebrochen. Und zwar wegen des ebenfalls vorhandenen Gefühls, "dass um uns herum die Menschheit irgendwie in eine falsche Richtung läuft". Gemeint sind damit Dinge wie der spürbare Rechtsruck, der erstarkende Nationalismus oder dass die Menschen Populisten wie Donald Trump oder der AfD hinterherlaufen. Deswegen wünscht sich Amara auch, dass man in der Zukunft über das Jahr 2017 sagen wird: "Ja, in dem Jahr war's gefährlich, da standen wir gefühlt an der Klippe, aber wir haben uns zusammengerissen" und gemeinsam noch einmal die Kurve gekriegt.

Dass ihn das umtreibt, zeigt, dass in den Broilers, die an diesem Freitag im Münchner Zenith spielen, trotz des kommerziellen Erfolges noch immer die alten, linkspolitischen Oi!-Punk-Herzen schlagen. Und weil sie sich auch in Zukunft noch mit ihren Spiegelbildern "wohlfühlen" wollen, deswegen gebe es, so Amara, auch keine andere Option, als sich kritisch zu äußern und Position zu beziehen. Er selbst macht das nicht nur bei Interviews, sondern auch auf dem bereits erwähnten, im Februar erschienenen Album "[SIC!]". Darauf singt Amara in Liedern wie "Nur ein Land", "Bitteres Manifest", "Keine Hymnen heute" oder "Als Alles begann" ebenfalls sehr deutlich gegen Nationalismus und Rechtsradikalismus an oder gegen die Wegschau-Mentalität zahlreicher Zeitgenossen.

Mittendrin: 2017 war für die Punkrocker von Broilers ein erfolgreiches Jahr - und ein meinungsstarkes. (Foto: Robert Eikelpoth)

Ähnliches hat man vor kurzem auch von Marcus Wiebusch gehört, dem Sänger der deutschen Indiepop-Band Kettcar. Deren aktuelles Album "Ich vs. Wir" fiel ebenfalls auffallend politisch aus. Und in einem Interview dazu äußerte Wiebusch den Wunsch, dass nach ihm nun auch Mainstream-Musiker wie Helene Fischer Flagge zeigen und sich öffentlich positionieren. Sammy Amara kann diese Hoffnung gut verstehen, und er findet es toll, wenn andere Leute seine Haltung oder die von Marcus Wiebusch unterstützen. Aber er weiß auch, dass Position zu beziehen bedeutet, dass man Leute vergrault. Und Musiker, die sich eher wie ein Unternehmen sehen und "in erster Linie Platten verkaufen" wollen, die möchten eben "so wenige Leute wie möglich vor den Kopf stoßen".

Die Broilers gehören zum Glück nicht dazu, und sie befinden sich außerdem in der vorteilhaften Lage, dass sie sich für das, was sie sagen oder tun, gegenüber keiner Plattenfirma rechtfertigen müssen. Denn die 1994 gegründete Band hat sich in diesem Jahr gewissermaßen selbständig gemacht, das heißt: Sie hat mit Skull & Palms Recordings ihr eigenes Label gegründet und auf diesem ihr Album "[SIC!]" herausgebracht. Aufgenommen wurde es wie auch die beiden Alben davor auf einem Bauernhof in Münster. Und seinen Titel könnte man, so Sammy Amara, als eine Art Selbstbekenntnis verstehen. Tatsächlich solle er als metaphorische Abwandlung der wörtlichen lateinischen Bedeutung "so (stand es geschrieben)" aussagen, dass alles was in den letzten 23 Jahren passiert ist, zur Bandgeschichte dazu gehört, einschließlich aller Fehler.

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Zu dieser Geschichte zählt auch bald der Broiler-Auftritt in München, der übrigens nicht nur der letzte in diesem Jahr, sondern auch der letzte der kompletten Tour sein wird. Danach "werden wir uns ein bisschen entspannen", verrät Amara auf die Frage nach den Plänen für das neue Jahr. Im April stehen dann zwei Konzerte in den USA und im Sommer Festivalauftritte in Deutschland, Österreich und der Schweiz an, bevor die Band schließlich "komplett im Proberaum" verschwindet. Für ein neues Album. Bis das herauskommt, könne es aber noch ein bisschen dauern. Deshalb und weil es eben doch ein recht gutes Jahr für die Broilers war, wollen sie ihr Tour-Abschlusskonzert im Zenith "noch mal so richtig genießen".

Broilers , live am Freitag, 29. Dezember, um 20 Uhr im Zenith, Lilienthalallee 29

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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