Klassik:Flügel und ihre Geister

Lesezeit: 2 min

Der Pianist András Schiff und die Veranstalter der Schubertiade im Bregenzerwald gehen getrennte Wege. Ein Streit um Instrumente hat sie entzweit. Außerdem sind sie sich offenbar nicht ganz einig, was einige Besetzungsfragen angeht.

Von Hermann Unterstöger

Wer im Juni die Schubertiade in Schwarzenberg im Bregenzerwald mitgemacht und als Abschluss die Klaviermatinee Sir András Schiffs erlebt hatte, fuhr trotz der mörderischen Hitze beschwingt, ja beseligt nach Hause. Schiff spielte in einem Kraftakt, von dem man dem zartgliedrigen Künstler fast hätte abraten wollen, Schuberts Sonaten D 845, D 850 und D 894, und er spielte sie nicht auf irgendeinem Instrument, sondern auf seinem Bösendorfer, dem eigens für ihn gefertigten 280 VC Vienna Concert in Pyramiden-Mahagoni, was nichts mit den Pyramiden zu tun hat, sondern mit der pyramidenförmigen Maserung des Mahagonifurniers.

Für nächstes Jahr war wieder eine Schiff-Matinee eingeplant, dieses Mal mit Schuberts D 960 und Beethovens op. 111, doch daraus wird ebenso wenig werden wie aus Schiffs Zusammenspiel mit dem Cuarteto Casals zwei Tage davor. Unter dem nüchternen Titel "Besetzungs- und Programmänderung" teilte Gerd Nachbauer, der Geschäftsführer der Schubertiade, am Donnerstagnachmittag den Abonnenten mit, dass Schiff "auf alle zukünftigen Auftritte bei der Schubertiade verzichte". Bei Gelegenheit dieser Ankündigung habe der Pianist auch die Beurteilungskompetenz des Schubertiade-Publikums in Frage gestellt und sich zudem "sehr negativ über eine ganze Gruppe von bei uns regelmäßig auftretenden Künstlern" geäußert.

Der Konflikt hat zwei Wurzeln - es ging auch um Personalfragen

Wenn auch Schiff 2020 durch Elisabeth Leonskaja sowie Lucas und Arthur Jussen ersetzt wird, so wird sein Fehlen altgedienten Schubertiadegängern vorkommen, als wär's ein Stück von ihnen. Seit 1984 gehört András Schiff - damals noch ohne "Sir" - zu den prägenden Künstlern dieses in seiner Qualität ebenso gediegenen wie beständigen Festivals. Jahr für Jahr war er dabei, und wenn es in diesem Reigen feiner Konzerte doch eine längere Pause gab, so lag das daran, dass, als die rechtslastige FPÖ an der österreichischen Bundesregierung beteiligt wurde, Schiff seine Auftritte in Österreich absagte.

Der Konflikt zwischen Schiff und der Schubertiade hat zwei Wurzeln. Zum einen ging es laut Gerd Nachbauer darum, dass ein anderer Pianist im Juni 2020 das Programm spielen wird, das eigentlich Schiff spielen wollte; die Überschneidung komme daher, dass diesem anderen Pianisten schon zugesagt worden war, als Schiffs Angebot noch gar noch vorlag. Zum anderen steht die alte Sache Steinway contra Bösendorfer im Raum. Schiff hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er die Flügel von Bösendorfer bevorzugt. Auf ihnen ließen sich, nicht ohne strenge Bemühung freilich, eine große Klangfarbenvielfalt und erstaunliche Differenzierungen besonders im Pianissimobereich erzielen; zudem habe sich in ihnen der Geist der Wiener Hammerklaviere des frühen 19. Jahrhunderts erhalten.

Schiff hatte im Juni auch einen Meisterkurs für Schubert-Interpretation gehalten. Unter Zuhörern wurde befremdet darüber geredet, dass er sich dabei abfällig über Steinway-Flügel geäußert habe. Auch dies erwähnte Nachbauer Schiff gegenüber, wobei er darauf hinwies, dass die negativen Äußerungen von einem niederländischen Kritiker wörtlich zitiert worden seien und dass auch für die Schubertiade seine Bemerkungen nicht eben angenehm seien, "da unser Steinway-Flügel von allen anderen Pianisten täglich gelobt und sehr geschätzt wird".

Ob Schiff in seinem Groll verharrt oder ob sich's doch noch zum Guten wenden könnte, war bis Redaktionsschluss nicht zu eruieren. Seiner Agentin Nora Pötter von Dr. Raab & Dr. Böhm in Wien teilte er mit, dass er sich aufgrund intensiver Konzerttätigkeit diese Woche zu einem detailliertes Statement nicht in der Lage sehe.

© SZ vom 02.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: