Kino: "Der kleine Nick":Mein Leben ist doch prima

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Mit "kleiner Nick" ist nicht Sarkozy gemeint: In Frankreich kommt Sempés "Le Petit Nicolas" ins Kino und entführt in eine kleinstädtische Welt, die sich viele Franzosen heimlich zurückwünschen.

Stefan Ulrich

Als "nationales Sinnbild" feiern die Medien in diesen Tagen "Le Petit Nicolas". Gemeint ist nicht der Präsident, Nicolas Sarkozy, sondern ein Strichmännchen mit vorgereckter Nase, verstrubbelten Haaren und kurzen Hosen. Der Zeichner Jean-Jacques Sempé hat es vor einem halben Jahrhundert geschaffen, um gemeinsam mit seinem Freund René Goscinny Lausbubengeschichten aus der Kindheit zu illustrieren.

Nun wird aus Nick ein Junge aus Fleisch und Blut: Von diesem Mittwoch an können die Franzosen ihren "Schüler der Nation" im Kino erleben - und mit ihm die Rasselbande seiner Freunde, vom verfressenen Alceste (in den deutschen Nick-Büchern heißt er Otto) über den rauflustigen Eudes (Franz) bis hin zum bebrillten Lehrerliebling Agnan (Adalbert). Für die Kinogänger wird es eine Rückkehr in eine verlorene Zeit - in ein Frankreich ohne Drogen, Globalisierung und Integrationsprobleme, das es so vielleicht nie gab.

Mehr als 20 Millionen Euro hat der Film des Regisseurs Laurent Tirard gekostet. Es galt, eine kleinstädtische Welt der fünfziger Jahre aufleben zu lassen, in die sich viele Franzosen heimlich zurückwünschen.

Nick, dieser unschuldig-schalkhafte Bengel mit seinem frischen Blick auf die Welt, verzaubert das Land seit Jahrzehnten, und zwar auch die Erwachsenen. Sein Erfolgsgeheimnis: Er wirkt wie ein Zauberspiegel, in dem jeder eine eigene Kindheit erblicken kann. Sie steckt voller Streiche und Raufereien, die nie weh tun, und spielt in einer fest gefügten Welt aus Freunden, der niedlichen Nachbarstochter, liebevollen Eltern und prima Lehrern.

War es so? Jedenfalls nicht bei Sempé. Er habe eine Traumkindheit gezeichnet, die nie existiert habe, gestand er. Der Autor Goscinny meinte dagegen: "Der kleine Nick ist ein ganz normales Kind. Er ist eine Naschkatze, spielt Fußball und rauft gern." Außerdem ist er eifersüchtig. Im Film argwöhnt Nick, gespielt von Maxime Godard, seine Mutter sei schwanger. Soll er den Platz an der Sonne in der Familie abgeben? Niemals. Natürlich geht alles schief, ohne dass es schlimm endet.

Zehn Millionen Nick-Bücher wurden bis heute schon verkauft, in 33 Ländern, bis hin zu China. Auch der Film soll bald außerhalb Frankreichs in die Kinos kommen. Kinostart in Deutschland ist für den 14. Januar vorgesehen. Nick und seine Kameraden werden im Film gefragt, was sie später werden wollen. Nick antwortet: "Ich weiß, warum ich nicht weiß, was ich später machen will." Sein Leben sei doch prima. Daher solle sich nichts ändern.

© SZ vom 30.9.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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