Nachruf:Das Werk stand im Mittelpunkt

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Früher bei "Klang und Raum": Konzertmeisterin Jeanne Lamon. (Foto: Sian Richards)

Jeanne Lamon, Leiterin des kanadischen Tafelmusik Baroque Orchestra, ist gestorben. Das Ensemble war das Rückgrat des bayerischen Alte-Musik-Festivals "Klang und Raum".

Von Helmut Mauró

Sie war nicht nur Konzertmeisterin, sondern auch Musikmanagerin und harte Verhandlerin, wenn es um ihr Ensemble ging, das Tafelmusik Baroque Orchestra. Jeanne Lamon leitete das kanadische Originalklangensemble, das zu den führenden dieser Art gehörte, von 1981 bis 2014. In Europa war es vor allem im bayerischen Kloster Irsee aktiv, wo alljährlich das Festival "Klang und Raum" in beschaulicher Abgeschiedenheit mit ebenso raren wie musikalisch herausragenden Aufführungen stattfand. Das Tafelmusik-Orchestra wurde dort von Bruno Weil dirigiert, es sang der Tölzer Knabenchor.

Ensembles, die sich dem Ideal des historischen Klangs verschreiben, sind in Kanada selten

In dieser Kombination entstanden außergewöhnliche Konzerte und Aufnahmen der Messen von Joseph Haydn, dessen Schöpfung, Mozarts Requiem und anderes mehr (Sony). Die Lebendigkeit und plastische musikalische Gestaltung dieser Musik, die Konzentration auf das Werk und nicht auf die ausführenden Personen kennzeichneten diese Produktionen, wie man noch heute in den Aufnahmen hören kann. Jeanne Lamon erschien dabei mindestens als gleichberechtigte Partnerin mit dem Dirigenten, ihre Präsenz während der Aufführungen war unübersehbar.

Für das nordamerikanische und kanadische Musikleben war solch ein Ensemble, das sich dem Ideal des historischen Klangs verpflichtet fühlte, eine eher ungewöhnliche Unternehmung. Deshalb drang Lamon auch immer auf eine fundierte pädagogische Arbeit, um die angestoßene Richtung zu festigen und ähnlich wie in Europa eine möglichst breite Tradition auf diesem Feld zu etablieren. Sie selbst hatte sich in den frühen 1970er-Jahren während ihres Studiums unter anderem bei Sigiswald Kuijken in Amsterdam auf die Barockgeige spezialisiert. Am Sonntag starb Jeanne Lamon im kanadischen Victoria; sie wurde 71 Jahre alt.

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