Iranische Graffiti in Berlin:Illusion als politisches Statement

Lesezeit: 1 min

"Junge Leute im Iran haben keine Zukunft. Alles was sie haben, ist eine Illusion", sagt Oham One. (Foto: Oham)

Viele Künstler aus Iran hoffen, dass sich ihr Land nach außen öffnet. Einige von ihnen stellen ihre Graffitis gerade in Berlin aus. Aber die Skepsis bleibt.

Von Mounia Meiborg

Die Märtyrer hängen in Teheran überall. Großformatige Bilder an Hauswänden zeigen junge Männer in Uniform, Maschinengewehre, Hubschrauber. Es sind Soldaten, die in den achtziger Jahren im ersten Golfkrieg gestorben sind. Diesen übermächtigen Bildern der Stadtverwaltung wollten ein paar junge Leute etwas entgegensetzen. So entstand Ende der neunziger Jahre eine Graffiti-Szene im Iran.

Seitdem gibt es auf den Straßen von Teheran auch Style-Writings in quietschendem Orange, surreale Gemälde, die an René Magritte erinnern oder gesellschaftskritische Schablonen-Bilder, sogenannte stencils. Bekannt wurde 2014 das Bild einer Frau im Fußballtrikot, die statt eines Pokals eine Flasche Spülmittel in die Höhe reckt - ein Protest dagegen, dass Frauen der Besuch von Fußballstadien verboten ist.

"Junge Leute haben keine Zukunft"

Die meisten Werke werden nach nur wenigen Stunden von der Stadtverwaltung entfernt. "Graffiti-Künstler haben es schwer, weil ihre Arbeit mit Protest am Regime gleichgesetzt wird", sagt Oham One, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt. Sein Künstlername Oham bedeutet Illusion, und allein das ist ein politisches Statement: "Junge Leute im Iran haben keine Zukunft. Alles was sie haben, ist eine Illusion", sagt er.

Laut persischem Kalender läuft gerade das Jahr 1394 - daher der Name "Tehran94". (Foto: Somos Gallery)

36 Jahre Sanktionen und 13 Jahre Atomstreit haben Spuren hinterlassen. Nun, nach der historischen Einigung, hoffen viele Künstler, das sich das Land nach außen öffnen wird. Oham One, der als Angehöriger einer mystischen Gruppierung aus religiösen Gründen geflohen ist, bleibt skeptisch. "Ich glaube nicht an die iranische Regierung", sagt er. "Aber wir hoffen, dass es besser wird."

Die Galerie Somos in Berlin zeigt vom 19. bis 23. Juli in der Ausstellung "Tehran 94" Arbeiten von Oham One und sechs weiteren Graffiti-Künstlern. Benannt ist die Schau nach dem persischen Kalender, der gerade das Jahr 1394 schreibt.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: