Deutsch-italienisches Verhältnis:"Das ist ein Gefühl, das in Krisenzeiten hochkommt"

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Matteo Salvini (l.), Vorsitzender der Lega Nord, hat einen neuen Gegner ausgemacht: Deutschland. (Foto: dpa; Bearbeitung SZ)

Italienische Politiker wettern heftig gegen Berlin. Wie steht es um die deutsch-italienische Freundschaft? Gabriele Kreuter-Lenz, Leiterin des Goethe-Instituts in Rom, ist beunruhigt, aber nicht hoffnungslos.

Interview von Carolin Gasteiger

Seit Präsident Mattarella sich gegen Paolo Savona als Wirtschaftsminister ausgesprochen hat, ist für italienische Politiker wie Lega-Chef Matteo Salvini klar: An der gescheiterten Regierung ist auch Deutschland schuld, das den Euro verteidigt. Zugleich bedienen sowohl italienische als auch deutsche Medien alte Ressentiments. Gabriele Kreuter-Lenz leitet das Goethe-Institut in Rom. Sie schätzt die Situation beunruhigend, aber noch nicht aussichtslos ein.

SZ: Frau Kreuter-Lenz, der Spiegel bezeichnet die Italiener als "Schnorrer von Rom", dem Handelsblatt zufolge macht Italien Deutschland zum Feindbild - und der Corriere della Sera kritisiert Deutschland als strengen Hüter des Euro. Ist es bald vorbei mit der deutsch-italienischen Freundschaft?

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Gabriele Kreuter-Lenz: Dazu wird es nie kommen. Dafür sind Italiener und Deutsche zu eng und zu lang verbunden, allein wirtschaftlich. An ein Ende der Beziehungen glaube ich nicht. Unter dem Publikum des Goethe-Instituts, aber auch unter unseren Partnern herrscht eher - nach wie vor - eine proeuropäische Stimmung und die Haltung, dass es weitergehen muss. Anders sieht es jedoch in der Presse und den sozialen Medien aus.

Weil dort alte Ressentiments wieder aufflammen?

Natürlich provozieren Politiker wie Lega-Chef Salvini gezielt mit Äußerungen wie "Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen und der Franzosen". Aber tatsächlich springen viele darauf an. Nach dem Motto: "Stimmt, die Deutschen wollten schon immer die Welt beherrschen. Früher durch Kriege, jetzt eben wirtschaftlich." Diese Meinung habe ich schon öfter gehört. Das ist ein Gefühl, das unterschwellig in bestimmten Kreisen vorherrscht und in Krisenzeiten dann hochkommt.

Welche Kreise meinen Sie?

Das soll jetzt nicht despektierlich klingen. Aber es sind die ganz normalen Menschen auf der Straße. Unser Publikum hingegen ist tatsächlich kritisch gegenüber dem eigenen Land, aber auch demgegenüber, was in Deutschland passiert.

Herrscht in Italien also gerade eine starke Europa - und Deutschlandskepsis vor?

Nein, das täuscht. Man muss genau aufpassen, wer gerade am lautesten schreit und wer sich zurückhält. Die gerade wieder aufkeimende Kritik an Deutschland ist eher Stimmungsmache. Vielleicht ist es noch zu früh - die Regierung ist ja erst am Sonntag gescheitert - aber persönlich nehme ich hier in Italien keine weit verbreitete anti-europäische Haltung wahr. Natürlich hat die Wirtschaft zu knapsen und vieles wird in diesem Zusammenhang auf den Euro geschoben. Aber nicht auf Europa.

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Was würde es bedeuten, auch für das deutsch-italienische Verhältnis, wenn im Herbst die Lega die Wahlen gewinnt?

Die politischen Auswirkungen vermag ich nicht zu beurteilen. Aber für uns als Kultureinrichtung heißt es, dass wir noch stärker aufklären und einem anti-deutschen oder anti-europäischen Gefühl entgegenwirken müssen. Da stehen wir vor einer Herausforderung: Als Kulturinstitut erreichen wir ja ein ganz spezielles Publikum, das wir von der europäischen Idee nicht mehr überzeugen müssen. Wir fragen uns eher, wie wir auch andere erreichen können.

Hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen Jahren verändert?

Tatsächlich sind wir politscher geworden und behandeln häufiger aktuelle Debatten. Populismus, Lügenpresse, Migration - da hat sich unser Programm schon sehr kulturpolitisch entwickelt.

Sie deuteten an, dass die Presse alte Ressentiments schürt. Was sollten Medien denn gerade anders machen?

Statt in alte Kerben zu schlagen, sollten sie sachlicher berichten. Italien hat natürlich Probleme, aber es gilt, diese zu versachlichen. Beim Thema Migration und Flucht etwa fühlte sich Italien alleingelassen von Europa. Das sollte man eher behandeln und lösungsorientiert berichten. Das gilt für die italienische wie die deutsche Presse gleichermaßen. Schuldzuweisungen und Klischees werden in den sozialen Netzwerken ja schon genügend verbreitet.

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