Im Kino: Splice:Die Liebe des Flugechsenskorpions

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Das Genforscherehepaar Elsa und Clive bastelt sich im Reagenzglas eine kinderähnliche Kreatur: ein grausig schönes Wunder.

Anke Sterneborg

Ehrgeizig und besessen, allen Widerständen zum Trotz und gegen jede Vernunft, ohne Rücksicht also auf mögliche Risiken: Die mad scientists, die fanatischen Forscher sind eine unbezwingbare Größe im Science-Fiction- und Horrorkino.

Ein bisschen fellloses Kaninchen, ein bisschen federloser Vogel, ein bisschen Flugechse, ein bisschen Skorpion: zwei Genforscher erschaffen sich ein Kind im Labor. (Foto: AP)

Mit seinen Genrekammerspielen "Cube" und "Cypher" hat der Kanadier Vincenzo Natali sich als Experte für enervierende Psycho-Experimente erwiesen, nun widmet er sich in "Splice" dem Grauen aus dem Reagenzglas. Das junge, kinderlose Genforscherpaar Elsa und Clive entwickelt da eine sehr intensive Form von elterlicher Liebe für die Kreatur, die sie in ihrem Labor erzeugten, eine Kombination diverser animalischer Komponenten, mit menschlicher DNS versetzt: "What's the worst that can happen?", fragt Elsa mit argloser Naivität, und von diesem Moment an macht man sich als Zuschauer aufs Allerschlimmste gefasst.

Das grausig schöne Wunder ihrer Schöpfung ist eine bizarre Mutation zwischen Mensch und Alien, eine Mischung von felllosem Kaninchen und federlosem Vogel, mit Anteilen von Flugechse und Skorpion - dazu die titelgebende Spleißstelle am Kopf, die symbolhaft von der Verbindung von Mensch und Tier, Mann und Frau, Künstlichem und Natürlichem zeugt. Mit der Unterstützung mechanischer Prothesen und digitaler Effekte verleiht die Schauspielerin Delphine Chanéac dem Zwitterwesen Dren eine Seele, verbindet in der besten Tradition des Genres aparte Schönheit und fragile Verletzlichkeit mit bedrohlicher Aggression. Der Film ist so verstörend wie David Cronenbergs Exkurse in die filmische Genetik und so abgründig wie der horreur noir des Guillermo del Toro - er ist als Produzent einer der Paten des Projekts.

So spielerisch wie selbstverständlich lässt das Horrorgenre erneut aktuelle drängende Fragen anklingen, nach den Möglichkeiten und Grenzen der Genforschung - mit seiner Schaffung "künstlichen Lebens" hat sie Craig Venter vor wenigen Tagen wieder ins Bewusstsein gehoben. Sarah Polley und Adrien Brody sind in "Splice" das Frankensteinpärchen von heute, das mit seinem Problemkind schlimme Erfahrungen macht, das vor allem der Frau eine ganz neue Lösung für das Dilemma zwischen Karriere oder Familie eröffnen könnte - bevor dann doch Erotik, Inzest, Monstrosität ins Spiel kommen. Aber eine Spezies, eine Gesellschaft, so die Botschaft des Horrorgenres, kann in ihrer Normalität nur überleben, indem sie immer wieder dem Abartigen Raum gibt. Dren, der Name des Monsters, ist ein schlichtes Anagram zu nerd.

SPLICE, F/CAN 2009 - Regie: Vincenzo Natali. Buch: V. Natali, Antoinette Terry Bryant, Doug Taylor. Kamera: Tetsuo Nagata. Mit: Sarah Polley, Adrien Brody, Delphine Chanéac. Senator. 104 Min.

© SZ vom 04.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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