Im Gespräch: Eva Green:"Die Dunkelheit zieht mich an"

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Wie lebt es sich damit, allen als aufregende dunkle Französin zu gelten? Eva Green, Bond-Girl und Bertoluccis Muse, spricht über Schönheit, Verstörung und ihren neuen Film "Womb".

Jan Füchtjohann

"Ich bin das Geld", sagt Eva Green in "Casino Royale", als sie James Bond zehn Millionen Dollar überbringt. "Jeder einzelne Penny davon", antwortet Daniel Craig bewundernd. Genau so hatte man sich die Begegnung in der Hamburger Hotelsuite vorgestellt. Eva Green muss kühl sein wie jemand, dem es schon mit Anfang zwanzig nichts ausgemacht hat, sich von Bernardo Bertolucci Regieanweisungen für einen Orgasmus zubrüllen zu lassen. Schön wie die Königin von Jerusalem, die sie bei Ridley Scott war. Und schlagfertig wie ein Bond-Girl. Doch als die junge Frau vor einem steht, wirkt sie scheu und nachdenklich, mit Augen wie dreihundert Meter tiefe Bergseen. Wahrscheinlich lebt sie noch in der seltsamen Welt von Benedek Fliegaufs "Womb", mit dem sie zum europäischen Autorenfilm zurückgekehrt ist.

Augen wie dreihundert Meter tiefe Bergseen: Eva Green. (Foto: Getty Images)

SZ: Frau Green, Sie sind als Bond-Girl international berühmt geworden, Bernardo Bertolucci hält sie für "so schön, dass es unanständig ist". Wie fühlt es sich an, dermaßen gepriesen zu werden?

Eva Green: Oh Gott, ehrlich gesagt: nach gar nichts. Ich gehe kaum aus und halte mich vom Prominentenzirkus lieber fern. Schönheit? Das ist im Endeffekt alles Make-up.

SZ: In Bertoluccis "Die Träumer" haben Sie eine erotische Beziehung mit Ihrem Bruder, in "Cracks" waren Sie eine Lehrerin, die ihre Schülerinnen missbraucht, in Ihrem neuen Film "Womb" lassen Sie Ihren toten Geliebten klonen und tragen das Kind selber aus. Was ist los mit der Sexualität Ihrer Figuren?

Green: Ich muss so etwas spielen, die Dunkelheit zieht mich an. Wir alle haben eine dunkle Seite. Weil ich keine Psychopathin bin, lebe ich das nur im Film aus. Das macht Spaß und ist wahrscheinlich sogar gesund.

SZ: Versuchen Sie uns durch diese Rollen mitzuteilen, dass das Le ben mit einer schönen Frau immer eine Art Hölle ist?

Green: Ach, früh am Morgen ist das Leben mit einer schönen Frau eigentlich ganz nett.

SZ: Könnten Sie sich vorstellen, Ihren Freund nach dessen Tod zu klonen?

Green: Nein, aber ich kann verstehen, warum jemand so weit geht. Das ist ein sehr starker Liebesbeweis, sehr schön, sehr rein, sehr verrückt. Wussten Sie, dass man in Amerika seinen Hund klonen lassen kann? Darüber habe ich schon mal nachgedacht: Wenn mein Hund stirbt, dann klone ich den.

SZ: Ihre Figur gerät durch das Klonen in eine ziemlich komische Situation: Sie ist Mutter und zugleich ist ihr Kind eine kleine Ausgabe ihres ehemaligen Liebhabers. Es kommt zu ziemlich zwielichtigen Szenen. War es komisch, so etwas mit einem Kind zu spielen?

Green: Es war toll, auch wenn ich die ganze Zeit versucht habe, nicht all zu pervers zu wirken, um den netten kleinen Jungen nicht zu verstören. Viele Leute halten "Womb" für eine kranke Science-Fiction-Geschichte, eigentlich geht es aber bloß um eine Liebe. Meine Figur kann ohne ihren Freund nicht weiterleben. Doch dann muss sie sich ständig fragen: Ist das jetzt mein wiederauferstandener Liebhaber oder einfach nur ein kleiner Junge?

SZ: Was würden Sie sagen?

Green: Auch Klone sind Individuen. Obwohl der Junge genauso aussieht, ist er nicht der gleiche. Das sagt man auch über geklonte Pferde: Sie ähneln sich bis aufs Haar, sind aber nicht gleich.

SZ: Apropos Biotechnologie: Ist es schwerer zu altern, wenn man mal ein Bond-Girl war?

Green: Schauspielerei ist eine rücksichtslose Welt und in Hollywood gibt es eine Menge Chirurgen, die Karrieren um Jahre verlängern können. Aber mich besorgt das Altern noch nicht besonders - es gibt immer mehr gute Rollen für ältere Schauspielerinnen wie Annette Benning, Julianne Moore oder Catherine Deneuve.

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Geheimnisvoll, unnahbar, wunderschön: Eva Green verwischt in "Womb" mit ihrem intensiven Spiel wieder einmal die Grenzen zwischen Gut und Böse. Wie schon so oft in ihrer jungen Karriere.

SZ: Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie damals in "Casino Royale" mitgespielt haben? Ansonsten ziehen Sie offensichtlich schwierige Rollen in kleinen Independent-Filmen vor.

Green: Man entscheidet so etwas nicht immer selbst. Die Leute meinen, Schauspieler hätten bei der Wahl ihrer Rollen eine Strategie. Das stimmt für manche, und auch ich versuche wählerisch zu sein - trotzdem kann ich nur das nehmen, was mir angeboten wird. Bei "Casino Royale" mochte ich die Rolle und Daniel Craig als James Bond. Auf Dauer kann es sich einfach niemand leisten, nur Independent-Filme zu machen.

SZ: Werden Sie seitdem anders behandelt?

Green: Ich lebe jetzt in dieser "aufregende dunkle Französinnen"-Kiste. Aber es gibt schlimmere Kisten auf der Welt.

SZ: Sie haben mal gesagt, Sie gingen nicht nach Hollywood, weil Sie da immer bloß die Femme fatale wären.

Green: Mir gefällt das Leben in Hollywood nicht. Es geht immer darum, ob man gerade angesagt ist, man beobachtet sich ständig selbst. Darum lebe ich lieber in Europa oder wenigstens in New York.

SZ: Wünschen Sie sich manchmal, Sie wären hässlich?

Green: Ich bin wahnsinnig gern hässlich. In der britischen Fernsehserie "Camelot" gibt es eine Folge, in der ich unter einer schrecklichen Hautkrankheit leide und Blut schwitze. Das war Wahnsinn. Immer schön sein ist doch fad.

SZ: Auch Ihr Vater, der Zahnarzt war, hat einmal geschauspielert: Er hatte eine kleine Rolle in Robert Bressons berühmtem Drama "Zum Beispiel Balthasar".

Green: Eine Tante kannte Bresson, und mein Vater spielte die Rolle, weil er Geld brauchte. Da war er also: Der langweiligste Schauspieler der Welt in der herzzerreißendsten Geschichte aller Zeiten.

SZ: Aber sind Sie durch Ihre Eltern zum Film gekommen? Ihre Mutter, die Schauspielerin Marlène Jobert, hat mit Regisseuren wie Jean-Luc Godard und Claude Chabrol gearbeitet.

Green: Meine Mutter hat sich nach meiner Geburt zur Ruhe gesetzt. Ich habe diese Herkunft immer lieber geheim gehalten - es wäre zu einfach gewesen, mir von ihr alle Türen öffnen zu lassen. Als Tochter steht man sowieso ständig unter Verdacht, ungerechte Vorteile zu genießen. Meine Mutter selbst hat mich vor der Schauspielerei eher gewarnt.

SZ: Ihre Zwillingsschwester hat dann auch lieber etwas ganz anderes gemacht.

Green: Ja, sie ist heute die schwangere Gattin eines auf dem Land lebenden italienischen Grafen. Ziemlich abgefahren.

© SZ vom 07.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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