Heino im Interview:"Ich war der erste Rock 'n' Roller"

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Früher Volksmusiker, jetzt Rocker: Heino. (Foto: Getty Images)

Die Haare sind so blond, wie man es seit Jahrzehnten von ihm kennt. Dazu trägt Heino die unvermeidliche Sonnenbrille, am Finger blitzt ein silberner Totenkopfring. Die Lederjacke liegt schwer auf den Schultern. Den an "Game of Thrones" erinnernden Thron auf seinen neuesten Promo-Bildern hat er zum Interview zu Hause gelassen, ebenso wie Frau Hannelore, "sie hat es am Knie". Seit seinem Album "Mit freundlichen Grüßen" aus dem vergangenen Jahr singt Heino Rock 'n' Roll, auf "Schwarz blüht der Enzian" hat er jetzt seine eigenen Hits wie "Schwarzbraun ist die Haselnuss" einer Heavy-Metal-Kur unterzogen. Zeit zu klären, was das eigentlich alles soll.

Interview von Felix Reek

SZ.de: Heino, lassen Sie uns über Rock 'n' Roll sprechen.

Heino: Na, ob ich dazu etwas zu sagen habe ... Ich bemüh' mich.

Was verbinden Sie mit diesem Begriff?

Ich war der Erste, der Anfang der Sechziger Rock 'n' Roll gemacht hat. Im Alter von 18, 19 Jahren spielte ich mit einem Trio. Es gab zu der Zeit nur zwei Rock 'n' Roller, Elvis Presley und Bill Haley. Und von Bill Haley haben wir viel gesungen. Deswegen war ich der erste Rock 'n' Roller in Deutschland. Es wusste nur keiner.

Sie haben sich trotzdem später für die Volksmusik entschieden.

Das war eine Trotzreaktion. Immer, wenn ich in den Sechzigerjahren das Radio einschaltete, gab es nur englische Musik. Das hat mich geärgert. Und da hab ich mir gesagt: Es muss doch noch etwas anderes geben. Es gab auch etwas anderes: das deutsche Volkslied.

Dafür ernteten Sie viel Häme. Für die 68er waren Sie sogar ein Feindbild.

Ich hatte blonde Haare, blaue Augen, sang Volkslieder und züchtete Schäferhunde. Ich war für die Linken sofort abgestempelt. Ich habe das manchmal gar nicht verstanden.

Sie entsprachen nicht gerade dem Zeitgeist.

Ich habe nie Polizisten mit Steinen beschmissen, ich war immer der Ruhige. Im Gegensatz zu anderen Musikern besaß ich aber auch einen guten Vertrag bei meiner Schallplattenfirma. Wenn Kollegen zu mir kamen und fragten, warum ich Volkslieder singe, sagte ich: "Ich habe einen Zehnjahresvertrag. Ihr nicht." Ich habe mir immer meine Gedanken gemacht, aber ich hatte nie Existenzängste. Deswegen konnte ich damals schon sehr entspannt das musikalische Leben genießen.

Nach 50 Jahren sind Sie jetzt wieder beim Rock 'n' Roll gelandet. Ist das in Ihrem Alter nicht ein wenig zu laut?

Rockmusik muss man eben laut hören, leise klingt die nicht so gut. Bei Schlager ist das anders. Aber ich fühle mich wohl damit.

Heinos neues Album
:So blau blau blau brennt der Enzian

Heino hat es wieder getan. Sein neues Album "Schwarz blüht der Enzian" verbindet eigene Hits mit rockigen Klängen wie denen von Rammstein. Zum Rocker macht ihn das noch lange nicht.

Von Felix Reek

Nun stehen diese musikalischen Genres auch für eine Menge Klischees. In Ihrem Video zu "Schwarz blüht der Enzian" persiflieren Sie einige davon, Stichwort "Sex, Drugs and Rock 'n' Roll". Wie halten Sie es mit der heiligen Dreifaltigkeit des Genres?

Die ist bei mir noch nicht angekommen. Ich bin gerade erst am Anfang meiner Rockkarriere. Mal sehen, was noch so passiert.

Der Einfluss von Rammstein ist auf Ihrem neuen Album "Schwarz blüht der Enzian" nicht zu überhören. War das eine bewusste Entscheidung?

Es gibt Hits von mir von vor 30 oder 40 Jahren, die dazu passen. Deswegen habe ich gesagt, ich will diesen Sound. Weil er mir gefällt und auch ein bisschen was hergibt.

Mit Rammstein haben Sie vergangenes Jahr auch in Wacken gespielt.

Rammstein sind zu mir gekommen und haben gefragt, ob ich Lust hätte, mit ihnen dort zu singen. Ich hab natürlich sofort "Ja" gesagt. Das hat mir unheimlich viel gegeben. Da hätten auch 80 000 Leute "Buh" rufen können. Aber das haben sie nicht. Etwas Besseres konnte mir nicht passieren. Das war ein Höhepunkt meiner Karriere.

Wie haben sich Rammstein Ihnen persönlich gegenüber verhalten?

Sie haben sich unheimlich viel Mühe gegeben. Till (Lindemann, Sänger der Band) sagte zu mir: "Heino, wenn wir auf der Bühne stehen, bleib immer in meiner Nähe. Wenn du merkst, dass ich zurückgehe, geh' bitte mit zurück." Ich fragte: "Warum?" Er: "Dann wird es heiß."

Vom Musikantenstadl zu Rammsteins Pyroshow beim größten Heavy-Metal-Festival der Welt ist es ein weiter Weg. Wie war es denn für Heino in Wacken? Das Publikum ist ja doch ein anderes.

Ich musste dort an einer roten Ampel halten. Rechts und links sah ich schon die Jungs. Alle lange Haare, Lederstiefel und Ketten. Erst war ich ein bisschen ängstlich, aber dann musste ich feststellen: Das sind nette Kerle. Wir haben Fotos gemacht und Autogramme geschrieben. Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber.

Anlass für Ihren Auftritt war Rammsteins Song "Sonne", den Sie für das Album "Mit freundlichen Grüßen" 2013 aufnahmen. Das verkaufte sich mehr als 300 000 Mal. Die anderen darauf gecoverten Künstler zeigten sich weniger begeistert.

Das muss man verstehen. Die haben natürlich gedacht, "da kommt so ein Volksmusikfuzzi und singt unsere Lieder. Der kann das nicht." Die dachten, das wäre ein Gag. Sie haben im Strahl gekotzt, wie man im Rheinland sagt. Aber das Geld haben sie alle genommen. Eigentlich hätten sie sagen müssen: "Heino, wir wollten nicht, dass du unsere Lieder singst, hier hast du das Geld, was wir mit dir verdient haben." Und ich hätte es einem Alten- oder Kinderheim gespendet.

Nun regt sich gegen Ihr neues Image durchaus Kritik. Viele sagen: Das ist alles eine Masche, Heino ist noch immer derselbe, er trägt jetzt nur eine Lederjacke.

Kritik gibt es immer. Wenn sie fundiert ist, bin ich der Erste, der das anerkennt. Aber wenn die Medien schreiben, Rammstein singt wie Heino, habe ich etwas richtig gemacht. Ich bin 50 Jahre in diesem Geschäft. Kritik und Neid muss man sich erarbeiten.

Wie haben denn die ehemaligen Kollegen reagiert? Seit Sie die heile Welt des Schlagers und der Volksmusik verlassen haben, sind Sie erfolgreicher als je zuvor. "Mit freundlichen Grüßen" war Ihr erstes Nummer-eins-Album, "Schwarz blüht der Enzian" steigt gerade in den Verkaufscharts nach oben.

Meckerer gibt es immer. Aber man muss erst mal die Idee haben. Ich habe Musik studiert und ich weiß, was ich kann und was nicht. Und die Rock- und Metal-Geschichte, die kann ich. Die anderen nicht. Einige haben versucht es nachzumachen und es wurde nichts daraus. Es gibt sogar Volksmusiksänger, die können gar nicht singen. Die sehen nur nett aus.

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Sie wollen wahrscheinlich nicht sagen, um wen es sich dabei handelt.

Nein. (lacht)

Das heißt, die Welt der Volksmusik ist gar nicht so heile, wie sie es uns weismachen will?

Da wird genauso mit Haken und Ösen und Ellenbogen gearbeitet, wie in jeder anderen Musikszene. Natürlich möchte jeder so erfolgreich sein wie Heino. Ich habe schließlich mit der Volksmusik in den Sechzigern angefangen.

In den Musikantenstadl werden Sie demnächst also nicht zurückkehren?

In volkstümliche Sendungen komme ich im Moment gar nicht rein. Im Musikantenstadl wollen sie kein "Junge, wie du wieder aussiehst" oder Rammsteins "Sonne" hören. Und wenn die das nicht haben wollen, bleib ich lieber weg. Wenn ich jetzt irgendwo hingehe, dann nur mit meinen letzten beiden Alben. Sonst hat ein Sender bei mir keine Chance. Man muss sich entscheiden. Ich habe mich entschieden, Heavy Metal und Rock zu machen.

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