Du sollst dich nicht wehren,
das ist überholt,
sagen die Nachbarn zu ihr,
jene, denen näher zu kommen
sie sich bemühte
Du sollst
nicht stöhnen
und schon gar nicht
heulen
während du blutest.
Das ist ein unerhörter Archaismus
noch dazu unästhetisch —
sagen die,
von denen sie Hilfe erwartete.
Sei
gescheit:
lass dich
nett lächelnd
in Stücke zerreissen
und vergiss alles.
Das würden wir tun,
wären wir du,
sicher,
ganz sicher.
Halyna Petrosanyak gehörte schon in den Neunzigerjahren zu einer Künstlergruppe, die noch vor dem Zerfall der Sowjetunion in Iwano Frankiwsk die polyphone, multiethnische Vergangenheit ihrer Heimatstadt thematisierte. Sie lebt heute in der Schweiz. Dieses Gedicht (aus dem Ukrainischen übersetzt von Maria Weissenböck) stammt aus dem Band "Exophonien", der gerade im Verlag Der gesunde Menschenverstand, Luzern erschienen ist (96 Seiten, 17 Euro). Daraus liest Petrosanyak am 10. März, im Münchner Lyrikkabinett .