Nach Scherz über religiöse Einrichtung:Türkische Popsängerin Gülşen kommt in Hausarrest

Künstler, Oppositionspolitiker, queere Netzwerke und andere Vereinigungen fordern ihre Freilassung: Popsängerin Gülşen. (Foto: Uncredited/dpa)

Die Verhaftung der Sängerin wegen eines Spruchs über Imam-Hatip-Schulen hat nicht nur unter Künstlern große Empörung ausgelöst. Nun darf sie das Gefängnis offenbar verlassen.

Die wegen eines Scherzes über eine religiöse Bildungseinrichtung inhaftierte türkische Sängerin Gülşen soll aus dem Gefängnis entlassen werden. Ein Istanbuler Gericht habe den Popstar stattdessen unter Hausarrest gestellt, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Die Verhaftung der beliebten Sängerin hatte nicht nur unter Künstlern große Empörung ausgelöst.

Gülşen Bayraktar Çolakoğlu, wie sie mit vollem Namen heißt, war vergangenen Donnerstag verhaftet worden, weil sie im April bei einem Konzert scherzhaft zu einem Kollegen gesagt hatte, dessen "Perversität" sei auf seine Zeit an einer Imam-Hatip-Schule zurückzuführen. Die Imam-Hatip-Schulen sind staatliche Bildungseinrichtungen mit einem Schwerpunkt auf religiöser Ausbildung. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan war Schüler einer solchen Schule. Aufgrund der zunehmenden Zahl der religiösen Schulen werfen Kritiker der AKP-Regierung eine Islamisierung der laizistischen Türkei vor.

Medienberichten zufolge wird Gülşen öffentliche Volksverhetzung vorgeworfen. Regierungsnahe Medien hatten vor kurzem ein Video mit den Aussagen veröffentlicht und die Sängerin scharf kritisiert. Der Justizminister Bekir Bozdağ nannte ihre Äußerungen laut dem Staatssender TRT "eine riesige Ungerechtigkeit".

Zahlreiche Künstler, Oppositionspolitiker, queere Netzwerke und andere Vereinigungen hatten die Freilassung Gülşens gefordert und die Inhaftierung als rechtswidrig kritisiert - darunter etwa der berühmte Sänger Tarkan. Auch vereinzelte Mitglieder der Regierungspartei hatten die Untersuchungshaft verurteilt. Gülşen ist bekannt für ihre öffentliche Solidarisierungen mit LGBTQ und wurde auch dafür bereits mehrfach aus religiösen und Pro-Regierungskreisen kritisiert.

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