Großformat:Wahre Größe

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Die Zeitschrift "Spex" wird eingestellt. Es waren nicht nur die Autoren, die dort einen neuen Geist prägten. Zu den Pop-Intellektuellen gehörten auch Fotografen wie Wolfgang Wesener alias wowe.

Von Andrian Kreye

Bevor der Fotograf Wolfgang Wesener unter dem Kürzel wowe Anfang der Achtzigerjahre in New York erst gemeinsam mit dem Autor Stephen Saban bei der Zeitschrift Details zum Chronisten der Downtown-Szene wurde, und dann für das FAZ Magazin, Vanity Fair und den New Yorker die ganz Großen des Kultur- und Geisteslebens porträtierte, gehörte er in Köln zu den jungen Wilden beim Popmagazin Spex. Wobei sich schon in seinen Bildern zeigte, dass hier eine neue Generation einen sehr viel ernsthafteren Blick auf den Pop werfen würde. Wowe kam auch nicht aus dem Moshpit, sondern studierte zu der Zeit an der Folkwangschule in Essen.

Es wird jetzt an der einen oder anderen Stelle zum sehr bald bevorstehenden Ende dieses Zentralorgans der deutschen Popdebatten etwas nassforsch geschrieben, dass die Zeitschrift nun mal aus der Zeit gefallen sei. Wenn man sich die Frisuren auf dieser Seite ansieht, ist da was dran.

Aber gerade in der Popkultur mit ihren immer enger drehenden Retroschleifen fällt nichts mehr aus der Zeit. Im Gegenteil. Mit dem Abstand der Jahre kristallisieren sich höchstens die Elementarteilchen heraus. Weil man einen Großteil des Pop schon immer und in jeder Phase getrost vergessen konnte. Was die wahren Größen nur noch größer macht.

Wolfgang Wesener und die Spex hatten Anfang der Achtziger ein ganz gutes Gespür dafür, was bleiben würde. Blixa Bargeld zum Beispiel (5. Bild). Den fotografierte wowe 1982 beim ersten Atonal Festival, das Dimitri Hegemann im SO36 veranstaltete. Bargeld und die Einstürzenden Neubauten hatten damals gerade ihr erstes richtiges Album aufgenommen. Weseners Foto wurde trotzdem zum Titel einer Zeitschrift, die kurz zuvor noch Fanzine gewesen war.

Nick Cave (2. Bild) war bei dem Konzert in der Bochumer Zeche 1983 ebenfalls noch nicht der legitime Indie-Nachfolger der großen Songwriter, sondern der frisch eingewanderte und berserkerhafte Sänger der australischen Band The Birthday Party. Auch aus dem The-Smiths-Sänger Morrissey (3. Bild) wurde ein Gigant. Und selbst Marc Almond von Soft Cell (1. Bild) und Siouxsie Sioux von den Banshees (4. Bild) sind geblieben, wenn schon nicht selbst als Giganten, dann immer noch in den Songs, die bis heute gespielt und gecovert werden.

Über 30 Jahre ist das nun her. Die Bilder lagen seither in Weseners Archiv. Egal ob einem das Ende der Spex nun einen Stich versetzt oder egal ist, einen Blick auf die Aufbruchsstimmung damals ist die Meldung auf alle Fälle wert.

© SZ vom 20.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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