Gerüchte um Volksmusikgruppe:Neues vom Spatzenjudas

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Die Kastelruther Spatzen schummeln, das behauptet deren ehemaliger Komponist Walter Widemair. Nun schlägt die Volksmusikgruppe zurück und erfindet ein neues Schimpfwort.

Titus Arnu

Walter Widemair, ehemaliger Komponist der "Kastelruther Spatzen", meint einen angeblichen Skandal um die Südtiroler Musikanten entdeckt zu haben. Die Spatzen schummeln, behauptet er. (Foto: dpa)

Wer seinen Sohn Steißbein, Satan, Gastritis oder Nelkenheini nennen will, hat in Deutschland schlechte Karten - wird alles von Gerichten verboten. Auch der Vorname Judas ist problematisch, er könnte dem Kindeswohl schaden. Denn das Image jenes Mannes, der vor 2000 Jahren einen gewissen Jesus für 30 Silberlinge an die Römer verraten haben soll, ist bis heute so dermaßen mies, dass sein Name meist nur als Beleidigung verwendet wird. Hässliche Pilze (Judasohr), ekelhafte Folterinstrumente (Judaswiege) oder gruselige Heavy-Metal-Bands (Judas Priest) tragen den Vermaledeiten im Namen.

Nun gibt es ein neues Schimpfwort: "Spatzenjudas". Erstaunlicherweise kommt es aus der Welt des Schlagers, wo es in der Regel eher um "A bisserl Herzlichkeit" geht als um Tod und Verrat. Doch Walter Widemair, ehemaliger Komponist der "Kastelruther Spatzen", meint einen angeblichen Skandal um die Südtiroler Musikanten entdeckt zu haben. Die Spatzen schummeln, behauptet er, sie engagieren für ihre CD-Aufnahmen Studiomusiker und wackeln bei Auftritten nur rhythmisch mit ihren Instrumenten.

In seinem Buch "Wenn Berge nicht mehr schweigen" beschuldigt Widemair die Spatzen außerdem, sie seien "gierig-geizig-geil." Der Beweis: Sie haben 16 Millionen Tonträger verkauft. Die Bild-Zeitung spricht vom "größten Schunkel-Schwindel aller Zeiten".

"Kastelruth ist mehr als nur ein Wort", heißt ein Hit der Gute-Laune-Giganten, und Helmut W. Brossmann ist mehr als nur ein Kassenwart der Gruppe. "Ein Volksmusik-Aufbauhelfer mutiert zum Spatzenjudas", dichtet der Manager in einer Presseerklärung und wütet weiter: Widemair ergieße sich "in mentalen Presswehen und geistigen Blähungen" über die Gepflogenheiten der Spatzen. Dabei sei es in der Branche üblich und nicht verwerflich, mit Studiomusikern zu arbeiten. In fast 30 Jahren habe die Band auf allen Tourneen dagegen immer alles live gesungen und gespielt.

Die Gruppe sieht sich genötigt, auf ihrer Facebook-Seite eine Stellungnahme der Deutschen Phono-Akademie zu veröffentlichen, in der steht, dass man den Spatzen ihre 13 bislang gewonnenen Echos nicht aberkennen werde. Sänger Norbert Rier und seine Kastelruther Kumpane drohen nun sogar an, beim "Musikantenstadl" an diesem Samstag (20.15 Uhr, Das Erste) ohne Playback aufzutreten, um ihr Können unter Beweis zu stellen.

Ist man ein Spatzenjudas, wenn man ernsthaft über die Frage nachgrübelt, was schlimmer ist: Spatzen vom Band oder Spatzen ungeschönt?

© SZ vom 10.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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