Geplante N-24-Übernahme:Das erste Gebot

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Aus den eigenen Reihen: N-24-Geschäftsführer Rossmann plant, den Nachrichtenkanal zu übernehmen - und erhält prominente Unterstützung von Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust.

Marc Felix Serrao

Nur etwa eine Stunde dauerte die Betriebsversammlung in der N-24-Zentrale am Potsdamer Platz in Berlin. Aber was der Geschäftsführer des Senders, Torsten Rossmann, den rund 100 anwesenden von insgesamt etwa 250 Mitarbeitern am Dienstagnachmittag zu sagen hatte, war für die Nachrichtenprofis die Meldung des Jahres: Rossmann und eine Handvoll Partner, darunter der frühere Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust, wollen den von Sparzwängen gebeutelten, derzeit zu ProSiebenSat1 gehörenden Nachrichtensender selbst übernehmen.

Der SZ sagte Aust, dass er "ganz sicher" als Gesellschafter bei der Senderübernahme dabei wäre. (Foto: Foto: dpa)

Der Grund für die hastig einberufene Betriebsversammlung war wohl ein Interview des Vorstandschefs von ProSiebenSat1, Thomas Ebeling, in dem er über einen möglichen Verkauf sprach.

Nachrichten für Politiker

Über eine solche Option war seit Wochen spekuliert worden. Ebeling hatte Ende 2009 gesagt, er prüfe für den Sender mehrere Optionen. Der Süddeutschen Zeitung sagte er damals auch, Nachrichten seien zwar "für das Image bei Politikern wichtig, aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern".

Diese Haltung hatte ihm viel Kritik eingebracht. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) etwa sagte, die Verpflichtung von Privatsendern zur Information sei keineswegs das "Privatvergnügen von Politikern", sondern feste Bedingung für die Zulassung der Programme.

In einer E-Mail, die N-24-Geschäftsführer Rossmann am Dienstag an seine Mitarbeiter schickte, nennt er auch das Team, mit dem er den Managament-Buy-Out umsetzen will. Neben seinen N-24-Kollegen Frank Meißner (Geschäftsführer Produktion), Karsten Wiest (Kaufmännischer Leiter) und Maria von Borcke (Geschäftsführerin der N-24-Tochter Maz&More) zählen auch Stefan Aust und dessen Fernsehpartner Thorsten Pollfuß dazu. Letztere sind gemeinsam seit knapp einem Jahr Geschäftsführer der Agenda Media GmbH (Ihre Wahl! Die Sat.1-Arena). Wie Rossmann schreibt, sollen die Kontakte und Erfahrungen der beiden im TV-Produktionsgeschäft dem Vorhaben helfen.

"Echte Chance"

Im Zentrum des Übernahme-Konzepts, das in den nächsten Wochen erarbeitet und dann dem Konzern präsentiert werden soll, stehe der Erhalt "so vieler Arbeitsplätze wie möglich", schreibt Rossmann. Neben der Nachrichtenproduktion für ProSiebenSat1 denke er dabei auch an zusätzliche Aufträge des Konzerns oder Dritter - also eine mögliche Geschäftsausweitung auf Boulevard- und Magazinthemen.

Falls das alte Sendermanagement den Zuschlag erhält, würde es wohl auch die Sendertochter Maz & More mit übernehmen. Die Firma produziert bislang das "Sat-1-Frühstücksfernsehen" und das Magazin-Format des Senders. Für externe Bieter, so Rossmann, stünde Maz & More nicht zum Verkauf. Der Prozess sei offen. Er, Rossmann, rechne sich und seinen Partnern eine "echte Chance" aus.

Für N24 müsste ein Käufer sicher nicht viel Geld hinlegen. Mit einem Abschluss ist aber wohl erst Ende des ersten Quartals zu rechnen. Entscheidend dürfte bei den Verhandlungen eine Frage sein: Für wie lange können sich die neuen Eigentümer den N-24-Auftrag der Nachrichtenproduktion für die anderen Sender von ProSiebenSat1 sichern? Bisher gab die Gruppe rund 40 Millionen Euro im Jahr für N24 aus - ohne Refinanzierung. Künftig will sie deutlich weniger bezahlen, von höchstens 25 Millionen Euro ist die Rede.

"Wir wollen es selber machen"

Es ist vor allem die Personalie Stefan Aust, die die Branche elektrisiert. Der ehemalige Spiegel-Chefredakteur gilt als Fernsehkenner ("Spiegel TV" seit '88, jetzt "Agenda"). Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr wurde er in der Berliner N-24-Zentrale gesehen, schon da gab es vage Gerüchte im Haus. Der SZ sagte Aust, dass er "ganz sicher" als Gesellschafter bei der Senderübernahme dabei wäre. N24 habe ein sehr gutes Senderkonzept, das er seit Jahren verfolge. Die Mischung aus Dokus und Nachrichten ähnele der des alten Spiegel-TV-Senders XXP (heute Dmax). "Wenn die Senderkette wirklich verkaufen will, dann würde uns schon etwas dazu einfallen."

Als er Ende 2009 von ersten Verkaufsgerüchten erfahren habe, habe er sofort über einen Einstieg bei N24 nachgedacht, sagt Aust. Im Erfolgsfall würde eine Beteiligungsgesellschaft den Sender übernehmen, Rossmann und Aust wären federführend. Er betrachte das gemeinsame Angebot mit dem N24-Management als "Beitrag zur Vielfalt im deutschen Journalismus". Jedenfalls wolle er den Sender keinesfalls nur für einen Weiterverkauf aufhübschen, sagt Aust: "Wir wollen es selber machen, und wir wollen dafür sorgen, dass N24 Bestand hat."

© SZ vom 13.01.2010/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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