Frühjahrsauktionen in New York:Nie war das Bild eines lebenden Künstlers teurer

Was für Preise: Es war nicht das kostspieligste Gemälde, das bei den diesjährigen Frührjahrsauktionen in New York unter den Hammer kam. Doch Gerhard Richters "Domplatz in Mailand" erzielte den höchsten Preis, der je für das Werk eines Künstlers zu dessen Lebzeiten bezahlt wurde.

Es war nicht das kostspieligste Gemälde, das bei den diesjährigen Frührjahrsauktionen in New York unter den Hammer kam. Doch Gerhard Richters "Domplatz in Mailand" erzielte den höchsten Preis, der je für das Werk eines Künstlers zu dessen Lebzeiten bezahlt wurde. Trotzdem kam Richters Bild knapp sechzig Prozent günstiger als das eines verstorbenen "Action Painters". In einer Rekordauktion bei Christie's in New York sind am Mittwochabend zeitgenössische Kunstwerke für insgesamt fast eine halbe Milliarde Dollar (388 Millionen Euro) unter den Hammer gekommen - die höchste je bei einer Kunstauktion erzielte Summe. Wie das renommierte britische Auktionshaus mitteilte, fanden 94 Prozent der Lose Käufer für eine "umwerfende" Gesamtsumme von mehr als 495 Millionen Dollar. Neun der Auktionsgüter erzielten Preise von mehr als zehn Millionen Dollar, weitere 23 lagen über fünf Millionen Dollar.  Spitzenreiter war das Bild "Number 19, 1948" des US-Künstlers Jackson Pollock, das nach einem spannenden Wettbieten 58,4 Millionen Dollar erzielte - fast das Doppelte seines Schätzwertes. Es handelt sich vermutlich aber nicht um das teuerste Bild des Begründers des so genannten Action Painting, das je den Besitzer gewechselt hat. 2006 wurde das Gemälde "No. 5" abseits der Versteigerungsbühnen für kolportierte 140 Millionen Dollar verkauft. Im Bild: "Number 19, 1948" von Jackson Pollock

Mehr als zwei Millionen Dollar günstiger war das Bild "Woman with flowered hat" von Roy Lichtenstein, das für 56,1 Millionen Dollar den Besitzer wechselte. Damit wurde der bisherige Auktionsrekord für den Pop-Art-Künstler (45 Millionen Dollar) deutlich übertroffen. Lichtensteins Bild ist genau 50 Jahre alt und in den typischen Comicfarben der Pop-Art gehalten. Allerdings ist es deutlich abstrakter als die meisten Pop-Art-Gemälde. Es erscheint fast so, als hätte der im Jahr 1997 verstorbene US-Künstler Picasso nachahmen wollen. "Woman with flowered hat" von Roy Lichtenstein

Das Gemälde "Dustheads" von Jean-Michel Basquiat war die drittteuerste Transaktion des Abends - die Arbeit des Amerikaners mit puerto-ricanischen und haitischen Wurzeln erzielte mit 48,8 Millionen Dollar den höchsten jemals für ein Bild dieses Künstlers gezahlten Preis. Geschätzt war "Dustheads" auf etwa 30 Millionen Dollar. Basquiat war der erste schwarze Künstler, der es in der von Weißen dominierten Kunstszene nach oben schaffte. Er ist bis heute der jüngste Künstler, der jemals bei der documenta ausgestellt hat. "Dustheads" ist ein farbenfrohes Bild mit vielen afrikanischen Einflüssen. Das gewaltige Bild, fast zwei Meter hoch, entstand 1982 und zeigt zwei Männer, mit vielen Farben verfremdet, auf dunklem Untergrund. Basquiat war 1988 kurz vor einer Afrikareise an einer Überdosis Rauschgift gestorben. "Dustheads" von Jean-Michel Basquiat

Einen Tag vor den Versteigerungen durch Christie's hatte der ebenso traditionsreiche Konkurrent  Sotheby's in New York ebenfalls Werke zeitgenössischer Künstler unter den Hammer gebracht. Teuerstes Bild bei Sotheby's war Barnett Newmans "Onement VI" aus dem Jahr 1953, das für 43,8 Millionen Dollar wegging. Es zeigt, 2,60 Meter hoch und mehr als drei Meter breit, zwei blaue Flächen. Chefauktionator Tobias Meyer bezeichnete Newmans Werk als sein Lieblingsobjekt. "Onement VI" von Barnett Newman

Frühjahrsauktionen in New York

Gerhard Richter, "Domplatz, Mailand", 1968

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(Foto: Sotheby's)

Einen Auktionsrekord gab es bei Sotheby's für den deutschen Künstler Gerhard Richter: Sein Gemälde "Domplatz, Mailand" wurde für 37,1 Millionen Dollar (knapp 29 Millionen Euro) versteigert. Das ist der höchste Preis, der je für ein Werk eines Künstlers zu dessen Lebzeiten erzielt wurde. Das Öl-Gemälde aus dem Jahr 1968 zeigt das Stadtbild von Mailand im Stil einer verschwommenen Schwarz-Weiß-Fotografie. Verkäuferin war die Hotelgruppe Hyatt, erworben wurde das Gemälde vom kalifornischen Winzer Don Bryant, der sich nach dem Zuschlag unbändig freute. "Das Bild haut mich einfach um", sagte er nach der Auktion. Vor 15 Jahren war das Werk bei Sotheby's für rund 3,5 Millionen Dollar verkauft worden. "Domplatz, Mailand", Gerhard Richter

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(Foto: Sotheby's)

Bereits in der Vorwoche hatten sich Christie's und Sotheby's in New York einen Schlagabtausch bei Bildern der Moderne und des Impressionismus geliefert. Dabei erzielte Sotheby's bei der ersten seiner Frühjahrsauktionen für das Bild "Les Pommes" von Paul Cézanne einen Preis von 41,6 Millionen Dollar - ein gutes Drittel mehr als von Experten erwartet. "Les Pommes" von Paul Cézanne

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(Foto: Christie's)

Der Höhepunkt der Auktion bei Christie's im Bereich des Impressionismus war hingegen die Versteigerung des Bildes "Le petit pâtissier" von Chaim Soutine, das für gut 18 Millionen Dollar verkauft wurde. Christie's hatte das Bild auf 16 bis 22 Millionen Dollar geschätzt, einige Experten hatten aber heimlich auf erheblich mehr gehofft. Der weißrussische Jude Soutine war in Paris zu einem bekannten Expressionisten geworden. Er malte gern Menschen aus seiner Umgebung - so auch den jungen Konditor. Das Bild zeigt einen Mann, ein Kind fast noch, mit weißem Kittel und Kochmütze, die Arme forsch in die Hüften gestützt, der Blick aber etwas unsicher. Das etwa 76 Zentimeter große Bild entstand etwa 1927. 16 Jahre später starb Soutine mit 50 Jahren, weil er auf der Flucht vor der Gestapo ein schweres Magengeschwür nicht rechtzeitig behandeln lassen konnte. "Le petit pâtissier" von Chaim Soutine

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(Foto: Christie's)

Für fast das Doppelte des Schätzpreises versteigerte Christie's ein Selbstporträt von Egon Schiele. Das "Selbstbildnis mit Modell" war von Experten auf fünf bis sieben Millionen Dollar geschätzt worden - tatsächlich wurden es mehr als 11,3 Millionen. Das Bild gehörte seit 1992 der Neuen Galerie in New York. "Selbstbildnis mit Modell" ist nur ein Fragment, aber dennoch gewaltig. Bei gut 70 Zentimetern Höhe ist es 2,41 Meter breit und zeigt Schiele mit seiner Geliebten Valerie Walburga Neuzil, genannt Wally. Schiele, fast wie ein Geist in dem düsteren Gemälde, streckt seine Hände nach der Neuzil aus, doch die blickt ihn gelangweilt nicht einmal an. Das Bild entstand 1913. Fünf Jahre später starb Schiele, mit gerade 28, an der Spanischen Grippe - nur drei Tage nach seiner im sechsten Monat schwangeren Frau. Zehn Monate zuvor war Wally Neuzil an Scharlach gestorben, nur 23 Jahre alt. "Selbstbildnis mit Modell" von Egon Schiele

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