Fotografie:Polaroids

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Endlich Instantfotos: Ein Bildband untersucht die Geschichte der Polaroidfotografie von 1947 bis 2008.

Von Bernd Graff

Man muss hier zunächst mal an Vannevar Bush und seinen bahnbrechenden Aufsatz "As We May Think" aus dem Jahr 1945 erinnern. Er erschien in der Juli-Ausgabe von Atlantic Monthly und ist so etwas wie eine Anfeuerungsschrift für die Wissenschaft der Nachkriegsmoderne. Im Krieg diente der Ingenieur Bush als Wissenschaftsberater des Präsidenten F. D. Roosevelt. In seinem Essay rief er seine Forscherkollegen und die Politik dazu auf, nicht nachzulassen in den Anstrengungen, den Fortschritt zu befördern. Der Text ist eine euphorische Eloge auf den wissenschaftlichen Fortschritt und die zwingend damit verbundenen Lebensverbesserungen. Unter anderem imaginiert er auch eine "walnussgroße Stirnkamera" für Fotos, die sich sofort selber entwickeln: "Das Verfahren ist langwierig. Aber jemand könnte es ja beschleunigen." Dieser Jemand war dann Edwin H. Land, einer der klugen Köpfe, die im Krieg in Bushs Team waren. Er schaffte es, die Prozesse zur Entwicklung von Filmmaterial auf einen einzigen Schritt zu reduzieren. Und er entwickelte tatsächlich eine "Sofortbildkamera", die er 1947 als "Land camera" vorstellte und ab da mit seiner Firma Polaroid vertrieb. Die Welt der Fotografie war eine andere geworden. Denn seither - bis zum Jahr 2008, in dem Polaroid die Produktion von Sofortbildkameras einstellte - experimentieren Amateure, Profifotografen, Künstler mit dieser Technik und den Farbeffekten auf den weiß gerahmten Bildern. Dieser Epoche hat der Hirmer-Verlag einen äußerst inspirierenden Bildband gewidmet (Das Polaroid-Projekt. Die Eroberung durch die Kunst. München 2017. 288 Seiten, 318 Abb. 49,90 Euro). Künstler beschreiben hier ihr andauerndes Staunen über die "Wunderwerke" der ab 1972 produzierten, immens erfolgreichen "SX-70"-Kamera, erinnern an die exquisiten Abzüge des P55-Films oder die Farbbrillanz des P669. Polaroid hat Künstler stets eingeladen, mit seinen Produkten zu experimentieren. Der Band versammelt denn auch Arbeiten etwa von Anselm Adams, David Hockney, Charles Eames, Chuck Close, Walker Evans, Federico Fellini und Robert Rauschenberg. Unser Bild zeigt eine Collage von Stephan Troxler (Sakt) aus dem Jahr 1981.

© SZ vom 19.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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