Foto-Plattform Photocircle:Spenden für die Models

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"Muay Thai with coach" (Foto: Thomas Heinrich)

Warum sollen immer nur die Fotografen, Verkäufer und Kunden etwas von einem Foto haben? Was ist mit den Motiven? Sie gehen meistens leer aus - zumindest dann, wenn sie aus den armen Regionen der Erde stammen. Das Start-up "Photocircle" will das nun ändern.

Von Nora Stöhr

Es war dieses eine Foto, das Thomas Heinrich zum Unternehmensgründer werden ließ. Das Bild, das einen kleinen Jungen während eines Thaiboxkampfs in Bangkok zeigt, ist auf Heinrichs letzter Reise durch Südostasien entstanden. Wieder zuhause in Berlin, zeigte er die Aufnahme Familie und Freunden. Sie regten an, das Bild übers Internet zu verkaufen. Doch Heinrich störte sich dabei an einem Gedanken: "Das Motiv, das das Bild besonders macht, geht immer leer aus."

Das wollte der studierte Wirtschaftswissenschaftler ändern. Er investierte einen Teil seiner Ersparnisse und gründete die Internetplattform Photocircle.net; Mitte 2012 ging sie ans Netz. Die Idee: Nicht nur die Betreiber der Seite, der Fotograf und der Käufer sollen von dem Foto profitieren. Sondern auch das Motiv - beziehungsweise die Menschen in der Region, in der das Bild entstanden ist.

Käufer darf über die Verwendung der Spende entscheiden

Deshalb muss ein Fotograf, der hier ein Bild veräußert, mindestens 30 Prozent seines Gewinns spenden. Die Plattform steuert sechs Prozent des Grundpreises hinzu. Der Käufer des Fotos darf dann entscheiden, welches gemeinnützige Projekt, das im Umkreis des Aufnahmeorts angesiedelt ist, von dem Geld profitieren soll.

Etwa 20 Projekte - vorrangig in Afrika, Asien und Südamerika - werden derzeit unterstützt. Mit den Spenden sollen etwa Wasserfilter in Myanmar finanziert oder ein Kindergarten in Burkina Faso bezuschusst werden. "Ich finde es toll, dass man konkret sehen kann, wo das Geld hin geht", sagt der Niederländer Rob van Kessel, einer von 300 Fotografen, die hier ihre Bilder verkaufen. Mit Spenden aus dem Verkauf seiner Fotos habe er unter anderem bereits fünf Mädchen in Bangladesch die Grundschulbildung ermöglicht.

Doch woher wissen Fotografen und Käufer, dass das Geld auch wirklich an der richtigen Stelle ankommt? "Wir versuchen, ein Maximum an Transparenz herzustellen", beteuert Heinrich. So kann auf der Seite nachverfolgt werden, wie viel Geld für das vorher festgesteckte Ziel noch fehle. Sobald ein Projekt vollständig finanziert ist, wird die gesamte Spendensumme an die Partnerorganisationen, zu denen unter anderem die UNO-Flüchtlingshilfe und die Deutsche Aids-Stiftung zählen, weitergeleitet.

"Walking The Brooklyn Bridge" (Foto: Rob van Kessel)

Prinzipiell kann jeder, ob Profi- oder ambitionierter Hobbyfotograf, seine Aufnahme bei "Photocircle" einreichen. Jedoch schafft es nur jedes zwanzigste Foto auf die Seite. "Wir wollen eine hohe Qualität gewährleisten. Unsere Kunden sollen nicht ewig nach einem guten Bild suchen", erklärt Heinrich. Romantische Sonnenuntergänge oder Strände mit Palmen sind Motive seien auf der Plattform genausowenig zu finden wie Aktfotos. Vielmehr sei der Anspruch an die rund 2000 aktuell verfügbaren Bilder, dass sie authentische Situationen abbilden: Menschen in ihrem Alltag, raue Landschaften oder urbane Räume.

Rob van Kessels Foto "Walking the Brooklyn Bridge" gehört laut Heinrich zu den meistverkauften Bildern auf "Photocircle". Van Kessel habe das Bild nach eigener Aussage auch auf anderen Plattformen angeboten, dort fand es jedoch kaum Interessenten. Steckt also auch ein ökonomischer Gedanke dahinter, Kunst über die karitative Schiene zu verkaufen?

Aus der Reihe "Tibetan People" (Foto: Stephan Opitz)

Anfangs, so gibt van Kessel zu, sei es zwar seine Intention gewesen, durch eine weitere Plattform seine Bekanntheit zu steigern. "Doch je weiter sich dieses Projekt entwickelt hat, umso klarer wurde mir, dass ich hier wirklich etwas bewirken kann."

Die Motivation, mitzumachen, ist auch für den Geologen und Fotografen Stephan Opitz weniger finanziellern als sozialer Natur: "Ich hatte ein schlechtes Gewissen, als ich die Menschen auf meinen Reisen fotografierte. Ich wollte diesen Leuten etwas zurückgeben", sagt Opitz. Dessen Bilder, die auf der Plattform erworben werden können, sind vor allem in China und Tibet entstanden.

Auch Thomas Heinrich betont immer wieder den sozialen Aspekt seines Startups: "Unser Hauptziel ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Verbreitung unserer Vision." Um diese weiter voranzutreiben, solle das Unternehmen mittelfristig weiter wachsen und bekannter werden, auch damit noch mehr Projekte finanziert werden könnten. Heinrich und sein fünfköpfiges Team haben sich aber auch ein langfristiges und sehr hohes Ziel gesteckt: "Idealerweise soll jeder, der sich ein Foto kaufen möchte, das bei uns tun".

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