Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

In "Book Club - Das Beste kommt noch" lesen rüstige Damen "50 Shades of Grey". "Glücklich wie Lazzaro" ist ein Film, wie er heute eigentlich nicht mehr gemacht wird.

Von den SZ-Kinokritikern

Book Club - Das Beste kommt noch

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(Foto: dpa)

Vier Frauen, vier Lebensgeschichten und möglichst schlüpfrige Witze. Nach diesem Prinzip entstehen seit Jahrzehnten erfolgreiche Fernsehserien ("Golden Girls", "Sex and the City", "Girls"). Bill Holderman versucht es damit im Kino. Bei ihm treffen sich vier Ü60-Ladies in einem Buchclub, die Lektüre von "Fifty Shades of Grey" treibt ihren Hormonspiegel ordentlich nach oben. "Mummy Porn" wird zum Glück nicht daraus, trotz der vielen Vagina-Gags, was aber auch an den souverän agierenden Stars Diane Keaton, Jane Fonda, Candice Bergen und Mary Steenburgen liegt.

Cobain

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(Foto: Victor Arnolds)

Der 15-jährige Cobain ist nach einem Typen benannt, der sich erschossen hat, seine Mutter ist wieder schwanger, hängt an der Nadel, raucht und trinkt. Das Drama der niederländischen Regisseurin Nanouk Leopold schlingert zwischen Kinokunst und Kunstkino hin und her. Cobain (Bas Keizer) ist eine spannende Figur und gut gespielt. Aber weil der junge Mann so viel im hohen Gras herumsteht, um traurig zu gucken, kommt die Beziehung zur Mutter, um die es doch eigentlich gehen soll, ein bisschen zu kurz.

Eingeimpft - Familie mit Nebenwirkungen

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(Foto: dpa)

"Ganz ehrlich, wenn's nach mir ging, hätten wir unsere Tochter schon längst geimpft." So treuherzig beginnt David Sieveking seine Doku übers Impfen. Diskussionen mit seiner Frau über Pro und Contra Spritze führen ihn erst in die Bibliothek und dann zu Experten. Eine Recherchereise, die den Zuschauer allerdings zunehmend verunsichert statt ihn aufzuklären. So sympathisch es grundsätzlich ist, wenn eine Doku aus persönlicher Betroffenheit heraus entsteht - hier stiftet diese Haltung vor allem Verwirrung.

Glücklich wie Lazzaro

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(Foto: N/A)

Lazarro (Adriano Tardiolo) durchquert verschiedene Stadien von Armut und Ausbeutung, erst als Leibeigener in einem italienischen Bergdorf, später in einer Stadt. Alice Rohrwachers großartiger, auf 16-mm gedrehter Film, der in Cannes den Drehbuchpreis erhielt, ist eine sozial-religiöse Parabel à la Pasolini, in der sich verschiedene historische Epochen mischen. Ein Film, wie sie heute nicht mehr gemacht werden.

Kin

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(Foto: dpa)

Ein Brüder-Film, von Brüdern, Jonathan und Josh Baker, und über Brüder. Welche Gemeinsamkeiten sie haben und wie sie diese entwickeln für gemeinsame Action (Kin ist das englische Wort für Familie, Verwandtschaft).Ein toter Bruder wird aufgebahrt wie ein Wikinger, von Fackeln umgeben. Ein anderes Brüderpaar - Halbbrüder: Miles Truitt und Jack Reynor, der eine ist schwarz, der andere weiß - muss sich davonmachen, nach Tahoe, weil sie sich mit einer Bande angelegt haben. Der kleinere der beiden ist auserwählt, er hat eine außerirdische Waffe gefunden, die aussieht wie ein Star-Wars-Spielzeug. James Franco ist auch ein Bruder, er legt eine Nummer hin, die ist wahrlich zum Pissen.

Leave No Trace

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(Foto: Scott Green; Condor Distribution)

Ein traumatisierter Ex-Soldat und seine 13-jährige Tochter führen ihr Leben in den Wäldern nahe Portland. Kein Obdach, keine Arbeit, das sieht die Gesellschaft als Provokation - es werden Maßnahmen ergriffen, um die beiden einzugemeinden. Auf Dauer wird der Mann das nicht ertragen, was man verstehen lernt. Im grünen Leuchten von Debra Graniks Drama erkennt man die Folgeschäden der amerikanischen Kriege, tief im Innern von Amerika selbst.

Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm

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(Foto: dpa)

Eine vielgliedrige, sprunghafte Handlung, die alles ist, außer immersiv. Ein fuselhaariger Lars Eidinger, der als spröder Bertolt Brecht ausschließlich Zitate aus dessen Traktaten aufsagt. Man könnte Joachim A. Langs sperrigem, bunten, top besetzten Film, der halb Dreigroschenoper und halb die Geschichte von deren gescheiterter Verfilmung ist, viel vorwerfen - wenn nicht all diese Entscheidungen so dermaßen kenntnisreich und klug Brechts Theorie umsetzten, dass jeder Deutsch-Leistungskurs hyperventilieren wird.

Mile 22

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(Foto: dpa)

Ihre amerikanische Staatsbürgerschaft haben sie abgegeben, um sich einer "höheren Form des Patriotismus" zu widmen. Die Paramilitärs der kleinen Spezialeinheit "Ground Branch" machen besonders geheime und schmutzige Einsätze für die USA, Mark Wahlberg ist ihr Chef. Hier soll die Gruppe einen Doppelagenten aus Indonesien ausfliegen, durch den Kugelhagel der Locals. Chaotisch, idiotisch, und von Regisseur Peter Berg schlecht choreografiert. Wie lange kann man Funkverkehr à la "Mutter, das Paket ist unterwegs" anhören, ohne laut zu lachen?

Naomis Reise

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(Foto: Filmgalerie 451)

Mutter und Tochter reisen aus Peru nach Berlin, um im Prozess gegen den Mörder ihrer Tochter und Schwester als Nebenklägerinnen aufzutreten. Das spröde Beamtendeutsch vor Gericht steht im Widerspruch zu den Gefühlen der Angehörigen. Wie bereits im Flüchtlingsdrama "Otomo" verfilmt Frieder Schlaich erneut einen beklemmend realen Fall, zwischen unterkühlt nüchternem Gerichtsdrama und hitzig menschlicher Tragödie.

Petterson & Findus - Findus zieht um

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(Foto: Wild Bunch Germany 2018)

Der kleine Kater des Erfinders Pettersson ist groß geworden. Findus ist schon ganz selbständig und will ein eigenes Haus. Pettersson weiß nicht so recht, baut aber für seinen Freund ein Plumpsklo um. Ali Samadi Ahadi hat Sven Nordqvists Buch liebevoll mit Stefan Kurt als Pettersson und einem animierten Findus verfilmt. Kinder lernen etwas über Freundschaft. Erwachsene müssen sich fragen, wie das eigentlich werden soll, wenn ihre Kleinen mal groß sind.

Predator - Upgrade

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(Foto: dpa)

Der Predator ist ein Alien, das aussieht wie eine Kreuzung aus Boris Karloff und Whoopi Goldberg. In diesem Teil der Filmreihe kämpft eine Gruppe Ex-Soldaten gegen das Monster - zumindest wenn sie zwischen zwei sexistischen Sprüchen über die hübschen weiblichen Sidekicks kurz Zeit dazu haben. Shane Blacks Actionwerk ist beste Unterhaltung für Jungs, deren Männerbild durch das Frühwerk von Jean-Claude Van Damme geprägt wurde.

Seestück

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(Foto: Salzgeber & Co. Medien GmbH)

Volker Koepp und die Liebe zur Ostsee, das ist ein betörend schöner Film. Koepp kehrt zurück an die Orte seiner Kindheit und seiner früheren Filme, lässt Leute erzählen auf Usedom und in Greifswald, an den polnischen oder schwedischen Stränden. Ihr Erzählen wird, im Laufe des Erinnerns raum- und zeitumspannend, eine Form praktischer Philosophie: das Fischesterben, die Kreuzschiffindustrie, die Flüssiggasterminals, der Tourismus, Rousseau als erster Kapitalismuskritiker. Und immer wieder die Ostsee, ihre Wellen- und Wolkenberge, ihre wilde Unerschütterlichkeit.

Styx

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(Foto: epd)

Ein havariertes Fischerboot auf hoher See, Menschen, die ertrinkend um Hilfe schreien. Rettung ist nicht in Sicht, das eigene Boot aber zu klein, der Versuch zu helfen, wäre lebensgefährlich. Was tun? Wolfgang Fischer hat einen allegorischen Film zur Flüchtlingskrise gedreht, in der eine Frau als Vertreterin des Westens (großartig: Susanne Wolff) mit quälenden Gewissensfragen konfrontiert wird. Rike ist Notärztin, auch als Seglerin souverän. Dieser Notfall aber überfordert sie. Sie schafft es, einen Jungen an Bord zu hieven, die ersehnte Katharsis bringt das aber nicht. Der eine Gerettete wird vielmehr zur Mahnung, auch den übrigen zu helfen. Aber wie? Ein Film, der die Hilflosigkeit und das Entsetzen über die Folgen unterlassener Hilfeleistung in eindringliche Bilder fasst. Styx bedeutet "Wasser des Grauens" (s. Feuilleton vom Mittwoch).

Tokat - Das Leben schlägt zurück

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(Foto: JIP Film und Verleih)

"Wir haben 10 000 Mark in einer Nacht ausgegeben, das war gar nichts". Kerem, Dönmez und Hakan gehörten in den Neunzigern einer der vielen berüchtigten Jugendbanden in Frankfurt an. Die "Turkish Powerboys" waren überregional in den Medien. Sie dealten, klauten, prügelten. Alle drei lebten mehrere Jahre auf der Straße. Die Regisseurinnen Andrea Stevens und Cornelia Schendel treffen die Männer 20 Jahre später. Ihre Lebenswege könnten nicht unterschiedlicher sein und doch sind alle drei von ihrer Jugend gezeichnet. Der Dokumentarfilm ist ein berührendes Porträt dreier Männer.

Timebreakers und die rätselhaften Grabzeichen

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(Foto: Fun and Joy Media)

Die Freunde aus der Lüneburger Heide sind wieder unterwegs. Auch diesmal untersuchen sie Geheimnisse aus der Vergangenheit, wobei sie nach ausführlicher detektivischer Arbeit in eine Zeitreise hineingeraten. Niels Marquardt dreht mit den 8 bis 12-Jährigen aus seiner Nachbarschaft, man sieht, wie Kinder und Umgebung zusammengehören. Das macht ihr Abenteuer bei aller Magie zu einem ganz wirklichkeitsnahen Vergnügen.

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