Kathryn Bigelow:Die Frau, die Hollywoods Naturgesetze zum Einsturz brachte

Lesezeit: 2 min

Oscar-Preisträgerin und Actionliebhaberin: Kathryn Bigelow. (Foto: AP)

Kathryn Bigelow gewann nicht nur als erste Frau überhaupt den Regie-Oscar. Sie ist auch eine politische Filmemacherin, die Action- und Autorenkino miteinander verbindet. Wie jetzt in "Detroit".

Von David Steinitz

Die Achtzigerjahre in Hollywood darf man sich als eine Art Blockbuster-Steinzeit vorstellen, in der Männer sehr viel Geld damit verdienten, andere Männer dabei zu filmen, wie sie sich die Muskeln einölen und gegenseitig verprügeln. In den Anfängen des modernen Actionkinos war Subtilität für Regisseure eher kein Qualitätsmerkmal, sondern ein Entlassungsgrund. Und allein die Idee, eine Frau Action drehen zu lassen, war für Studiochefs ungefähr so absurd wie die Vorstellung, Arnold Schwarzenegger könne Gouverneur von Kalifornien werden.

Aber dann kam Kathryn Bigelow, eine selbstbewusste Filmstudentin von der Columbia University, und brachte quasi im Alleingang mehrere Hollywood-Naturgesetze auf einmal zum Einsturz: Sie drehte als Frau teure Actionfilme, die nicht nur an der Kinokasse erfolgreich waren, sondern auch noch von den Filmkritikern geliebt wurden, die doch sonst nur Verachtung für das Genre übrig hatten. Der Psychokiller-Thriller "Blue Steel" (1989) oder die Surfer-Action "Gefährliche Brandung" (1991) legten den Grundstein für eine Karriere, die es Bigelow bis heute ermöglicht, Hollywood-Unterhaltung und Autorenfilmerqualitäten zu vereinen.

Bigelow gewann als erste Frau überhaupt den Oscar in der Kategorie beste Regie

Ein Musterbeispiel für diesen Mix ist ihr neuer Film "Detroit", der diese Woche in den deutschen Kinos startet. Darin erzählt die 65-Jährige von den heftigen Bürgerrechtsunruhen 1967, als schwarze Detroiter gegen Diskriminierung demonstrierten und sich regelrechte Straßenschlachten entwickelten. Wie schließlich die Nationalgarde aufmarschierte und die Stadt quasi im Kriegszustand versank, das filmt Bigelow als zermürbendes Actionspektakel; aber natürlich ist der Film vor allem auch ein Statement der linken Bürgerrechtsaktivistin Bigelow, die in den Ereignissen von damals leider auch die Gegenwart von Donald Trumps Amerika gespiegelt sieht. Mit solch kritischen Filmen macht sie sich in den USA nicht nur Freunde. Aber, so Bigelow: "Wenn jemand der Gesellschaft den Spiegel vorhält, und denen gefällt nicht, was sie darin sehen, dann können sie schlecht dem Spiegel die Schuld geben."

Die linksliberale Hollywoodgemeinde liebt sie mittlerweile jedenfalls für ihre Polit-Blockbuster. In "Zero Dark Thirty" (2012) erzählte sie von der Jagd der Amerikaner auf Osama bin Laden, welche die USA Milliarden kostete und in zwei Kriege führte. Dass sie bei ihren Recherchen von CIA-Mitarbeitern mit Informationen gefüttert wurde, die eigentlich top secret waren, führte zu einem Skandal in den Geheimdienstreihen, der ihren Status als politische Filmemacherin nur bekräftigte.

Ihr bislang größter Triumph: 2010 wurde sie für ihr Irakkriegsdrama "Tödliches Kommando" mit dem Oscar ausgezeichnet. Damit gewann sie nicht nur als erste Frau überhaupt den Preis in der Kategorie beste Regie, sondern setzte sich auch gegen ihren Ex-Mann James Cameron durch, der in jenem Jahr für "Avatar" ebenfalls nominiert war.

© SZ vom 22.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

"Detroit" im Kino
:Im Flammenmeer

Kathryn Bigelow erzählt in ihrem Spielfilm "Detroit" von den brutalen Rassenunruhen im Amerika des Jahres 1967 - und wie wenig das Land aus dieser Geschichte gelernt hat.

Von Tobias Kniebe

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: