Elbphilharmonie-Debakel:"Fatale Ereigniskette"

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Ein Mann arbeitet am 3. April 2014 auf dem Dach der Baustelle der Elbphilharmonie in der HafenCity in Hamburg. (Foto: dpa)

Unfertige Pläne, überforderte Politiker und ein Chaos auf der Baustelle sind schuld am Elbphilharmonie-Debakel. Das geht aus dem Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses hervor, der nun verabschiedet wurde. Hamburgs früherer Regierungschef Ole von Beust zieht es vor, dazu zu schweigen.

Analyse einer fatalen Ereigniskette: Mit der Verabschiedung des Abschlussberichtes hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Elbphilharmonie am Donnerstag seine Arbeit beendet.

Auf 724 Seiten wird aufgelistet, wie es zu der Kostenexplosion und den Bauverzögerungen bei dem Prestigeprojekt kommen konnte. Demnach sind unfertige Pläne, überforderte Politiker und ein Chaos auf der Baustelle schuld an dem Debakel. "Der Abschlussbericht ist eine ebenso ausgewogene wie präzise Analyse der fatalen Ereigniskette rund um den Bau der Elbphilharmonie", sagte Frank Schmitt (SPD). Der Bericht werde auch dazu beitragen, dass solche Fehler in Zukunft nicht wieder passieren.

Zuvor setzten sich die Mitglieder mit Stellungnahmen der ehemaligen Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos), der ehemaligen Chefs der städtischen Realisierungsgesellschaft (Rege), Hartmut Wegener und Heribert Leutner, sowie zweier Rechtsanwälte auseinander.

Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sowie sein damaliger Staatsrat Volkmar Schön (CDU) wollten sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Er werde keine Stellungnahme abgeben, da die Wertungen "politischer und nicht rechtlicher Art" seien, zitierte der Vorsitzende Ole Thorben Buschhüter (SPD) aus einem Schreiben von Beusts.

Dem Bericht zufolge trägt von Beust "konkret die Verantwortung für Fehlentwicklungen" beim Bau des Konzerthauses.

"Bequeme Pauschalbegründung"

Nach Meinung von Norbert Hackbusch, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Die Linke, werde von Beust "völlig zu Recht als Hauptverantwortlicher für das Elbphilharmonie-Desaster dargestellt". "Da finde ich seine Stellungnahme umso überraschender, dass die Aufarbeitung durch den PUA politisch sei und nicht rechtlich und er sich deshalb nicht veranlasst sehe, dazu Stellung zu nehmen." Beust scheine das als "bequeme Pauschalbegründung zu sehen, um nicht erklären zu müssen, wie das von ihm konstruierte Projekt eigentlich zu der Katastrophe führte, vor der die Stadt heute steht."

Eva Gümbel (Grüne) sagte, von Beust müsse sich gemeinsam mit dem damaligen Senat den Vorwurf gefallen lassen, "das Projekt von Anfang an auf eine schiefe Bahn gesetzt zu haben und leichtfertig auf grundlegende Kontrollen und Sicherungen verzichtet zu haben".

Mit der verfehlten Projektkonstruktion und der schlecht vorbereiteten und unvollständigen Planung sei die Elbphilharmonie zum Spielball des Generalunternehmers Hochtief und der Architekten Herzog & de Meuron geworden. "Diese hatten weniger das Projektgelingen als ihre eigenen Interessen im Auge - und haben dafür mit harten Bandagen gekämpft."

Linke will Minderheitenvotum einbringen

Zu den Lehren aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Elbphilharmonie gehöre, "dass wir die Stadt im Baubereich wieder stärker aufstellen müssen, mehr eigene Kompetenzen und eigene Expertise brauchen, um in künftigen Kooperationen mit privaten Partnern nicht wieder den Kürzeren zu ziehen".

Auch Die Linke forderte bessere Instrumente für die Bürgerschaft, um bei Großprojekten vollständige Information vom Senat zu bekommen. Dass der Bericht dazu auf lediglich drei von 726 Seiten Vorschläge enthalte, sei "völlig unzureichend". Daher wolle Die Linke in der kommenden Woche ein Minderheitenvotum einbringen. Der Ausschuss hatte drei Jahre lang unzählige Aktenordner gewälzt und zahlreiche Zeugen befragt. Erstmals nannte der Bericht, der die Vorgänge bis Ende 2008 untersucht, auch die Namen der Verantwortlichen. Demnach wollten alle Beteiligten das Konzerthaus unbedingt bauen, ohne den Steuerzahlern die wahren Kosten zu präsentieren.

Verzehnfachung der Kosten

In der nächsten Woche können die Fraktionen noch Minderheitenvoten abgeben, dann soll der Abschlussbericht am 7. Mai in der Bürgerschaft diskutiert werden.

Die Kosten des Projekts für den Steuerzahler waren über die Jahre von ursprünglich 77 Millionen Euro auf nun 789 Millionen Euro gestiegen. Die Eröffnung des Konzerthauses wurde mehrfach von 2010 auf 2017 verschoben.

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