USA:Der Totengräber

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Donald Trump akzeptiert die Nominierung der Republikanischen Partei auf dem Rasen des Weißen Hauses. (Foto: imago images)

Donald Trump inszeniert sich gerne als politischer "strongman" - und wirkt dabei oft wie eine Karikatur Ronald Reagans. Warum mit ihm die neoliberale Ära zu Ende gehen könnte und was den US-Präsidenten von Politikern wie Orbán und Erdoğan unterscheidet.

Gastbeitrag von Jan-Werner Müller

Bei so vielen Lügen und Angstmacherei fiel ein erstaunlicher Vorgang beim Parteitag der Republikaner gar nicht mehr auf: Die "Grand Old Party" formulierte nicht, wie sonst üblich, ihr Programm neu. Vielmehr schwor man dem Präsidenten die Treue und ließ verlauten, der Text von 2016 gelte weiterhin. Mit dem Effekt: Was damals fälschlicherweise über Obama behauptet wurde, Verfassungsbruch und Spalterei, ist heute wahr. Trump ist oft mit Rechtspopulisten verglichen worden, welche die Demokratie demontieren - und es stimmt, der Mann ist politisch gemeingefährlich. Aber es gibt einen nicht trivialen Unterschied: Trump hat, anders als beispielsweise Orbán, Erdoğan oder andere "starke Männer", kein Interesse an Regierungsarbeit. Abseits ethnonationalistischer Slogans fehlt im Grunde der ideologische Überbau, mit dem sich gesellschaftliche Kräfte zusammenführen ließen. Es ist nicht auszuschließen, dass Trump mit Tricksereien die Wahl gewinnt. Aber eines ist jetzt schon klar angesichts einer zum Akklamationsverein verkommenen Partei: Eine geistige Ära, die einst mit Roland Reagan begonnen hatte, geht mit einem paradoxerweise schwachen starken Mann zu Ende.

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