Die CDs der Woche - Popkolumne:Hello-Kitty-Rock und Meta-Punk

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Jan Delay

Das Album "Hammer und Michel" von Jan Delay.

(Foto: Universal)

Jan Delay spielt auf "Hammer und Michel" Rock, ohne Rock zu spielen, Coldplay üben sich mit der Single "Magic" überraschend in Zurückhaltung und Greys münzen Kritik per Musik in Heldenverehrung um. Die Popkolumne - zum Lesen und Hören.

Von Max Fellmann

Es muss hier erst mal ein Missverständnis aufgeklärt werden: Der Hamburger Sänger Jan Delay, seit vielen Jahren bekannt für radiofreundlichen deutschen Hip-Hop und Soul, hat angekündigt, auf seinem neuen Album Rock auszuprobieren. Jetzt wird er viel kritisiert dafür. Er könne das nicht. Er verstehe davon nichts. Aber wer Delays Album "Hammer und Michel" (Universal) hört, merkt sofort: Der Mann versucht gar nicht, Rockmusik zu machen. Wäre das, was er da macht, ein ernst gemeinter Versuch, es wäre ja zum Weinen. Nein, Delay leiht sich nur Versatzstücke und mischt sie in seinen Jan-Delay-Sound.

Heraus kommt dabei eine Hello-Kitty-Version von Rock. Die Gitarren klingen wie das, was Alleinunterhalter-Keyboards mit dem Preset-Sound "Distorted Guitar" liefern, dazu Funk-Schlagzeug, Chöre, Bläser, schubidu, alles wie gehabt, manchmal gefährlich nah an den Heavy Tones, Stefan Raabs "TV Total"-Studio-Band. Mit Rock hat das so viel zu tun wie AC/DC mit dem Ententanz. In Interviews lässt Delay erkennen, dass er sich dabei trotzdem sehr mutig findet, aber das liegt daran, wie wichtig ihm enge Grenzen eigentlich sind.

Im Song "Scorpions-Ballade" klagt er, nichts sei mehr, wie es war, denn "Nazis hören Tupac" und "Polizisten hören Bob Marley". Schade um die schönen Feindbilder. Ein Lied heißt übrigens "Fick", hui, wie frech. Delay singt: "Ich komm in meinem Van und will aufmucken / auf euren Konsens raufspucken / Mag Leute vor den Kopf stoßen". Das Gegenteil ist der Fall. Hier wird kein Konsens auch nur angekratzt. Wenn Delay auf den Sommer-Open-Airs die neuen Songs in sein Hit-Programm mischt, werden sie nicht aus dem Rahmen fallen.

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