Didier Eribons Buch "Die Arbeiterin":Hymne an die Schwäche

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Versucht gar nicht erst, die Überforderung zu kaschieren: der Philosoph, Soziologe, Autor Didier Eribon. (Foto: Anke Waelischmiller/SVEN SIMON/imago/Sven Simon)

Didier Eribons Mutter starb kurz nach dem Einzug ins Heim. Jetzt hat er ein federleichtes Buch über sie geschrieben - über Trauer, Überforderung und das schlechte Gewissen.

Von Nils Minkmar

Nur noch fünf Minuten. Der Sohn wartet vor der Wohnungstür seiner betagten Mutter und sorgt sich. Er klopft und klingelt. Immer wieder antwortet die Frau mit dem gleichen Satz: noch fünf Minuten. Er redet durch die Tür auf sie ein, fragt, was los sei? Ja. Noch fünf Minuten. Aus denen wird eine halbe Stunde und mehr. Irgendwann wird die Lage suspekt. Die Tür - die Furcht vor Einbrüchen ist groß in Frankreich - ist nicht von außen zu öffnen. Die Feuerwehr muss kommen und über den Balkon einsteigen, um der alten Dame wieder aufzuhelfen. Sie öffnen die Tür von innen, und der Sohn kann endlich hinein. Nun ist er ratlos und beschämt zugleich, denn seine Mutter liegt nackt auf dem Boden. Er sucht ein Kleidungsstück, redet mit den Feuerwehrleuten und fühlt sich vollends hilflos.

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