Das ist schön:Wachgeküsst

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Zur Biennale im Haus der Kunst, die "The Big Sleep" heißen wird

Kolumne von Karl Forster

Es ist ein Titel, den man nicht unbedingt und sofort mit Bildender Kunst in Verbindung bringt, eher schon mit dem Hollywood der Vierzigerjahre. Da drehte Howard Hawks dort den Film "The Big Sleep", der als "Tote schlafen fest" in Deutschland eine nicht ganz so elegante Benennung bekam. "The Big Sleep" nennt nun der Künstlerverbund im Haus der Kunst seine diesjährige und vierte Biennale der Künstler, die von 19. Juli bis 8. September Münchens kulturelles Sommerloch etwas füllen soll. Und ohne jetzt die fachkundige Einordnung dieser Schau vorwegzunehmen, sei doch kurz über diese Rubrik nachgedacht, weil ihr, je nach Interpretation, ja auch etwas Morbides innewohnt.

Denn in Raymond Chandlers dem Filmklassiker zugrunde liegendem Krimi wird munter gemordet, was durchaus zu der Assoziation führen kann, "The Big Sleep" könnte eine Metapher sein für den Tod, ähnlich wie Robert Schneiders Roman "Schlafes Bruder", wo eben dieser Bruder auf den Namen Thanatos hört, auf Deutsch Tod. Eine Kunstausstellung über den Tod wäre nun nichts allzu Außergewöhnliches, das Thema gehört quasi zum Kanon der Kunst. Die Ankündigung des Münchner Hauses der Kunst aber führt auf eine andere, weit weniger verstörende Spur. Hier ist die Rede vom "Dornröschenschlaf" und seiner traumhaften Atmosphäre, in der das Gehirn sich hin zu einem vielschichtigen, irrationalen Raum öffne.

Womit wir dann genau bei jenen Menschen wären, die als Langschläfer zwar liebend gerne auf die "Morgendstund' mit Gold im Mund" verzichten, dafür aber die Wohligkeit, dem Tag in der Horizontalen entgegen zu träumen, genießen. Und die die Kunst beherrschen, ihre Träume und Halbwachträume so zu lenken, dass, während draußen schon die Sonne scheint, hier im Bett und in der ewigen Dämmerung des Schlafgemachs sich Gefühle und Regungen entwickeln, die den Weg zum endlichen Aufwachen auf herrlichste Weise mit ein paar Serpentinen hinauf auf den Gipfel der Lebenslust verlängern. Insbesondere, wenn man in der wunderbaren Lage ist, solche Kunst mit jemandem teilen zu dürfen.

Schließlich heißt es ja auch im Märchen, Dornröschen werde wachgeküsst, ein Hinweis, der die Hoffnung nährt, im Haus der Kunst bald Werke vorzufinden, die solchen Gefühle Form und Farbe geben. Das wird schön.

© SZ vom 13.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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