Damals und heute:Freiraum mit Haltung

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Seit 20 Jahren fördert das "Kafe Kult" in Oberföhring die Subkultur - in anderer Form sogar noch deutlich länger

Von Martin Pfnür

Wenn das Kafe Kult nun mit einem Mini-Line-Up um die altehrwürdige Deutschpunkband EA80 seinen 20. Geburtstag feiert, ist das jubiläumsmäßig zwar korrekt - gleichzeitig aber auch fast etwas unter Wert verkauft. Zumindest gefühlt, denn tatsächlich reicht die Umnutzungs-Geschichte des Barackenbaus im Bürgerpark Oberföhring dann doch noch mal eine Dekade weiter zurück.

Bereits 1989 rief der Sozialpädagoge Fred Kinzel vom Kreisjugendring in dem ehemaligen Luftwaffenlazarett mit der "Kulturstation" einen Ort ins Leben, der offiziell als Jugendzentrum firmierte, vor allem aber ein essentieller Knotenpunkt für zahlreiche subkulturelle Strömungen im Großraum München war. So lief im Laufe der sechs Jahre bis zur Schließung nach einer sicherheitstechnischen Überprüfung des Baureferats in der Kulturstation erstmals vieles zusammen, was heute im Münchner Kulturbetrieb omnipräsent ist. Seien es damals noch junge Genres wie Hip-Hop oder Techno, den Peter Wacha im Rahmen der "Ultraworld"-Reihe in der Kulturstation losbrettern ließ, bevor er die Clubs "Ultraschall" und "Rote Sonne" eröffnete. Oder auch Punkrock-Konzerte von Institutionen wie Bad Religion, die in Oberföhring einen ihrer ersten Deutschland-Gigs spielten.

Während Hip-Hop und Techno längst ihrem Nischendasein entwachsen sind, hat sich das 1999 eröffnete Kafe Kult den Charakter der Kulturstation erfolgreich bewahrt. Einen "Freiraum für Subkulturen, deren Schaffen einem nicht einfach als fertiges Produkt serviert wird" wolle man bieten, sagt Markus Ostermair, der kurz nach der Gründung zu jenem ehrenamtlich arbeitenden Kollektiv stieß, das seit 20 Jahren hinter dem Kafe Kult steht und dabei stets alle Fäden in der eigenen Hand hält. Tontechnik, Finanzen und Instandhaltung? Übernimmt man selbst. Booking-Entscheidungen? Trifft man basisdemokratisch per Plenum. Es ist denn auch diese Haltung der unbedingten Unabhängigkeit, die schon immer grundlegend für den Charakter des Kafe Kult war.

"Do it yourself", das ist hier nicht nur eine leere Floskel, sondern Grundgedanke einer international vernetzten Szene, die jenseits der Mechanismen der Musikindustrie funktioniert. "Selber aktiv werden, ohne darauf zu warten, dass die eigene Musik von anderen in konsumierbare Einheiten verpackt wird. Die Form und Darstellungsweise selbst erarbeiten, das ist es, worum es beim DIY geht", sagt Ostermair.

Die musikalische Streuweite reicht dabei vom Punk über Hardcore und Metal bis hin zu Songwriter-Klängen wie jenen des im besten Sinne durchgeknallten Münchner Duos Beißpony, das einst im Kafe Kult zusammenfand und dort auch seine beiden Alben aufnahm. "Im Kafe Kult habe ich mich allen Reibungen zum Trotz getraut, mich auszuprobieren und dabei auch Fehler zu machen", sagt Steffi Müller von Beißpony, die lange Zeit Teil des Kollektivs war und das DIY-Konzept des Kafe Kult mit Siebdruck- und Näh-Workshops bereicherte. Sich ausprobieren, Fehler machen, vor allem aber einfach mal machen: Viel besser lässt sich der freiheitliche Geist dieser einzigartigen Baracke kaum auf den Punkt bringen.

20 Jahre Kafe Kult , Samstag, 18. Mai, 20.30 Uhr, Oberföhringer Straße 156

© SZ vom 17.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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