Bühne:Klischeehaft

Lesezeit: 1 min

Franziska Balls "Mütterdämmerung"

Von Christiane Lutz, München

Clara ist mit ihren Leiden nicht allein, immerhin das. Denn wenn Publikumsgelächter den Grad der Zustimmung zum Dargebotenen ausdrückt, dann weiß wirklich jeder, wovon sie spricht. Stinkende Söhne, zickige und handysüchtige Töchter, Ehemänner, die mit ihren französischen Assistentinnen auf Dienstreise gehen und Hitzewallungen in der Menopause - darauf können sich offenbar alle einigen, die selbst an einer Familie beteiligt sind. "Mütterdämmerung" heißt das Programm der Sängerin und Schauspielerin Franziska Ball, das sie gerade im Hofspielhaus zeigt.

Nun hat es das Kind in der Pubertät seit der intensiven Beschäftigung durch Autor Jan Weiler in diversen Büchern und Filmen ja zu einer neuen Öffentlichkeit gebracht. Zu mehr Tiefe und Verständnis allerdings nicht. Ball springt zunächst auf diesen Zug auf und plaudert aus der eigenen Whatsapp-Gruppe, Entschuldigung, dem eigenen Wohnzimmer. Tochter Leni will mit ihr Shoppen gehen, weil alles, was die Mutter trägt "voll peinlich" ist. Überhaupt scheint Leni ein rechter Kotzbrocken zu sein, seit sie bemerkt hat, dass sie so etwas wie eine Frau ist. Rasant erzählt Ball Teenager-Anekdote um Teenager-Anekdote, leider auch Klischee um Klischee. Über eine schiere Wiedergabe des - durchaus amüsanten - Eltern-Dilemmas während der Pubertät geht der Abend nicht hinaus. Da hilft auch nicht, dass sie ebenso klischeemäßig den motorradfahrenden Ehemann in der Midlife-Crisis und die natürlich jüngere Assistentin als weiteren Erzählstrang heranzieht. Glücklicherweise aber singt Franziska Ball auch, begleitet von Marty Jabara. Sie hat für jede ihrer Geschichten einen Popsong umgedichtet, und das richtig gut und witzig. "Skandal im Sperrbezirk" widmet sie dem zum Sperrbezirk erklärten Ekel-Zimmer des Sohnes, die sich ewig wiederholenden Anweisungen an die Kinder haut sie in ihrer Version der Ouvertüre zu "Wilhelm Tell" raus. Da zeigt Ball die Originalität und eigene Ideen, die sie sonst bei dem Programm vermissen lässt.

© SZ vom 07.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: