Bildband:In diesem Licht

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Barbara Klemms Schwarz-Weiß-Fotografien aus Sizilien haben nichts Pittoreskes, sondern eine harte, aufgeklärte Nüchternheit. (Foto: Barbara Klemm)

Andreas Rossmanns ungeschöntes Tagebuch aus Sizilien, illustriert mit den Fotografien Barbara Klemms.

Von Thomas Steinfeld

Zwei Bücher scheint Andreas Rossmann, im bürgerlichen Leben Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, stets im Gepäck zu haben, wenn er nach Sizilien reist, was er, wie es aussieht, mindestens einmal im Jahr tut. Das eine Buch ist Goethes "Italienische Reise", jene hundert Seiten, in denen der Dichter, kaum dass er von sich selber sprechen würde, völlig verzaubert von der Landschaft, der Natur und dem Licht Siziliens auftritt: "Ruhe und Anmut groß".

Das andere Buch ist Joachim Fests "Im Gegenlicht", ursprünglich im Jahr 1988 erschienen, in dem der ehemalige Herausgeber jener Zeitung von einem Sizilien erzählt, das ihm, so reizvoll es ihm ästhetisch erscheint, doch verschlossen und fremd bleibt. "Auch er sah nur, was ihn bestätigte oder verneinte", lautet ein Kommentar Fests zur "Italienischen Reise", bei dem man sich fragt, was mit dem "auch" gemeint sein soll: Wie alle anderen Reisenden, oder wie "auch" Joachim Fest?

Andreas Rossmann allerdings ist entschlossen, sich zum einen bei seinen Reisen durch Sizilien von diesen beiden Führern leiten zu lassen und zum anderen, das "auch" für sich nicht gelten zu lassen. Letzteres gelingt ihm auf relativ einfache Weise: Er verzichtet auf alle anderen Reiseführer und überlässt sich seinen Erfahrungen, ohne sich allzu sehr reflektierend darin einzumischen.

Er macht keinen Hehl daraus, dass er niemals ein Italiener werden wird

Er betrachtet den Müll auf den Straßen von Palermo und sucht das Wohnhaus Stefano D'Arrigos, des Autors des Romans "Horcynus Orca", er treibt sich in den Palästen des sizilianischen Adels herum und forscht der Mafia hinterher, er geht an den Strand von Porticello und besichtigt das Städtchen Mirabella Imbaccari, wo mehr Autos der Marke Mercedes herumfahren als irgendwo sonst in Süditalien - weil die Hälfte der Bevölkerung in den Siebzigern in die Gegend von Stuttgart ausgewandert war. Andreas Rossmann macht sich keine Illusionen über das Authentische. Er beschreibt, was er sieht und was ihm widerfährt, und er macht nicht einmal einen Hehl daraus, dass er niemals ein Italiener, geschweige denn ein Sizilianer werden wird. Aus diesem Buch lernt der Leser daher mehr als aus einem Reiseführer.

Begleitet werden die Texte Andreas Rossmanns durch knapp 50 Schwarz-Weiß-Bilder Barbara Klemms, der langjährigen Fotografin der FAZ. Verführerisch sind auch sie nicht, das Pittoreske ist ihnen fremd. Dafür besitzen sie etwas, was sie um so attraktiver macht: aufgeklärte Nüchternheit.

Andreas Rossmann: Mit dem Rücken zum Meer. Ein sizilianisches Tagebuch. Fotografien von Barbara Klemm. Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2017. 200 Seiten, 18 Euro.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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