Ausstellungen:«Berührt - Verführt» - Werbekampagnen im Museum

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Das viel diskutierte Werbeplakat eines sterbenden Aidskranken aus der Kampagne des Modelabels Benetton in Frankfurt am Main. (Foto: Boris Roessler)

Frankfurt/Main (dpa) - Wenn man sich ja sonst nichts gönnt, oder etwas "asbach uralt" findet, hat es die Werbung geschafft: Der Spruch ist in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.

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Frankfurt/Main (dpa) - Wenn man sich ja sonst nichts gönnt, oder etwas „asbach uralt“ findet, hat es die Werbung geschafft: Der Spruch ist in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.

Wann gelingt das? „Wenn Slogans Gedanken besonders griffig umschreiben, vieldeutig sind oder oft parodiert werden“, nennt Katja Weber vom Frankfurter Museum für Kommunikation einige Kriterien. Die Herkunft der Sprüche gerät aber mit den Jahrzehnten oft in Vergessenheit. So etwa bei „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“ (Deutsche Bahn) oder „Mach mal Pause“ (Coca Cola). Redensarten, die aus der Werbung der vergangenen 70 Jahre kommen, sind ein Schwerpunkt der Ausstellung „Berührt - Verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten“.

Rund 50 populäre Kampagnen aus 70 Jahren werden von diesem Freitag bis einschließlich 28. August 2016 in ihrem historischen Hintergrund vorgestellt. „Kampagnen spiegeln Zeitgeschichte wieder, sie machen sie nicht“, sagte Marktforscher Helmut Gogarten bei der Vorstellung der von ihm miterarbeiteten Ausstellung am Mittwoch. Vom Museum für Kommunikation in Frankfurt wandert die Schau dann im Frühjahr 2017 in das Museum für Kommunikation nach Berlin.

„Wir wollten ein Stück Mentalitätsgeschichte der BRD treffen“, erläutert Kuratorin Weber die Auswahl der Kampagnen. Die Ausstellung, die mehr als 350 Plakate, Anzeigen, Objekte und Spots umfasst, befasst sich aber auch mit Werbung in der DDR.

Parallelen zwischen Ost und West gab es allerdings wenige. In der DDR seien Werbeplakate auch in den 1970er und 80er Jahren meist noch gezeichnet worden, berichtet Weber. Es sei auch nicht darum gegangen, eine Marke gegenüber der Konkurrenz hervorzuheben, sondern den Fünfjahresplan anzupreisen oder die Konsumenten zu lenken, sagt Co-Kuratorin Nassrin Sadeghi. Ein Beispiel: „Jeden Tag ein Ei.“

Unter dem Slogan „Es gibt wieder....“ ging es in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg im Westen vor allem darum, bekannte Marken wie Persil oder Maggi wieder einzuführen. „Endlich wieder Nivea Zahnpasta und dazu in Friedensqualität“, heißt es auf einem Plakat. Eine Umfrage hatte ergeben, dass 90 Prozent der Menschen die alten Marken noch im Kopf hatten, erklärt Weber den Hintergrund.

„Der Duft der großen weiten Welt“ (Stuyvesant) spiegelt für die Ausstellungsmacher das typische Gefühl der Wirtschaftswunderzeit. Als Beispiel der 1968er Jahre sehen die Kuratoren die Afri-Cola-Kampagne, in der mit „rap-artigem Slogan das Erfrischungsgetränk zur Ersatzdroge für Haschisch und LSD“ stilisiert worden sei. Die Schau erinnert auch an die schockierenden Bilder, mit denen Benetton Anfang der 1990er für Wirbel sorgte. Und es läuft und läuft „Der Ervolkswagen“ (VW-Käfer).

„Im Wandel sind nicht nur die Botschaften und Ansprachen, sondern auch die Medien“, stellt Museums-Direktor Helmut Gold fest. Ein Ausblick auf die nutzerorientierte, mit Ortungsdiensten verbundene individuelle Werbung steht daher am Ende der Schau. „Die Zeit der großen Kampagnen ist vorbei“, glaubt Richard Grübling, der einen großen Teil der gezeigten Plakate gesammelt hat. „Demnächst kriegen Sie auf Ihr Handy unaufgefordert Hinweise auf neue Produkte, wenn Sie an einem Geschäft vorbeigehen.“

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