Ausstellung:Von Konventionen befreit

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Doris Betz versucht bei der Schmuckherstellung möglichst spontan und direkt zu sein. Die Galerie Kunst und Handwerk zeigt zu ihren Arbeiten jetzt auch Zeichnungen

Von Jürgen Moises

Wie sie zu ihren ungewöhnlichen Schmuckformen findet? Sie "passieren" einfach, sagt Doris Betz. Das klingt so, als stünde keinerlei Anstrengung dahinter, als würde das Entwerfen und Herstellen einer Kette, einer Brosche oder eines Armreifs wie von selbst geschehen. Das stimmt auch, und auch wieder nicht. Denn bei der Schmuckherstellung spontan und direkt zu sein, das musste die Münchner Schmuckkünstlerin erst jahrelang lernen. Und sich dafür von der Konvention befreien, dass man als Schmuckkünstler zuerst eine Zeichnung, anschließend ein Modell und dann erst das eigentliche Objekt herzustellen hat. Schließlich sind beim Schmuck oft teure Materialien beteiligt, und der Umgang damit will deshalb gut geplant sein.

Genauso hat es Doris Betz, von der die Galerie Kunst und Handwerk aktuell eine Auswahl an Schmuck und Zeichnungen präsentiert, auch an der Münchner Kunstakademie gelernt. Von 1990 bis 1996 hat sie dort bei Otto Künzli und Hermann Jünger studiert und schon sehr früh gemerkt, wie sehr sie dieses strikte Vorgehen einengt. Die Lösung? Die fand die 1960 in München geborene Künstlerin in der Spontaneität der Zeichnung. Diese auf ihre Arbeit mit Silber, Draht, Glas oder Kunststoff zu übertragen, das ist seit rund 20 Jahren ihr Ziel.

Wie weit sie inzwischen damit gekommen ist, das zeigen Faltketten wie "Oneline-family", Anhänger wie "Fred" oder ihre ganz neu in diesem Jahr geschaffenen Strickketten. Diese sehen tatsächlich aus wie tragbare Zeichnungen. Ihnen voraus gingen teilweise spontane Vorzeichnungen, inzwischen ist es aber oftmals so, dass Zeichen- und Schmuckherstellungsprozess unabhängig voneinander stattfinden. Das ist laut Doris Betz auch der Grund, warum sie erstmals eine größere Auswahl ihrer Zeichnungen als eigenständige Werke ausstellt. Auch sonst dienen die Zeichnungen weniger als direktes Vorbild, denn als Ideengeber oder Anstoß für neue Formexperimente. Wo sie sich ebenfalls Inspirationen herholt, das ist aus der Natur. Oder genauer: Aus ihrem abgewetzten Stahlschrank in ihrem Atelier in Großhadern. Dessen Schubladen sind voll mit gesammelten Blüten, Wurzeln, Samenkapseln oder Fruchtkernen, deren Formen vereinzelt etwa im Ohrschmuck oder in Broschen aufscheinen.

Das zentrale Material von Doris Betz ist Silber. Dieses hat sie durch quetschen, ziehen, falten, färben oder lackieren bis an seine Grenzen geführt. Mit einem Experimentiergeist, der bereits in den 90ern der Galeristin Olga Zobel auffiel. Deswegen hat sie Doris Betz 1997 gefragt, ob sie nicht im Auftrag des Deutschen Museums mit Hostaglas experimentieren will. Broschen aus diesem industriellen Ersatzprodukt für Plexiglas sind in der Ausstellung zu sehen. Auch erste Sammler konnte die Münchnerin schon während der Studienzeit für sich gewinnen. Ein Glück, sagt sie, sonst hätte sie im schwierigen Kunstschmuck-Metier nicht überlebt. Einer ihrer Sammler hat mehrere seiner Broschen für die Ausstellung zur Verfügung gestellt, inklusive der dazu passenden Jacketts.

Doris Betz: Schmuck und Zeichnung ; Ausstellung bis 1. April, Galerie Kunst und Handwerk, Pacellistr. 6-8

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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