Ausstellung:Stadtentwicklung

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Das Gebäude des Münchner Kunstvereins mit seinen Arkaden als softes Kissen, eine Arbeit von Michaela Melián. (Foto: Michaela Melián)

Münchner Künstler und ihre "Jahresgaben"

Von Jürgen Moises, München

"Künstlerinnen und Künstler sind die Impulsgeberinnen und -geber für kulturelle Fortentwicklung - ihre Präsenz spiegelt ein modernes und lebenswertes München." Sätze wie dieser sind in einem vom BBK München und Bayern im Oktober 2018 veröffentlichten Positionspapier zu lesen. Dessen zentrale Forderung: Die Gewährleistung bezahlbarer Atelierräume in München. Zum Positionspapier gehörten zahlreiche Aktionen, die unter dem Titel "#EXIST" standen. Was davon geblieben ist? Ein Banner von Angela Stiegler, das bis zum 15. Dezember in der aktuellen Ausstellung "Jahresgaben" im Kunstverein München hängt. "Wir sind in einem gefährlichen Abschnitt - Aber es besteht keine Gefahr - Seid trotzdem vorsichtig" ist darauf zu lesen.

Mitglieder des Kunstvereins können das Banner für 100 Euro kaufen. Und damit die Erinnerung an einen Protest, der hoffentlich auch noch andere Spuren in München zeitigt. Dass ein Thema wie die "prekäre Raumpolitik" in den "Jahresgaben" vorkommt, das war der neuen Direktorin Maurin Dietrich und der Kuratorin Gloria Hasnay wichtig. Die nicht-hierarchische, alphabetische Aufhängung haben die beiden belassen, weil es, so Dietrich, zum "unerwarteten Zusammentreffen" zwischen etablierten und weniger etablierten Münchner Künstlern führt. Und weil man "die eigenen Vorstellungen als Kurator" beiseite lassen und auch ein Stück weit hinterfragen muss, was ihnen als Herausforderung gefällt.

Insgesamt 97 Künstler sind bei den "Jahresgaben" vertreten, deren Geschichte bis zur Gründung des Kunstvereins im Jahr 1823 zurückreicht. Damals erhielten dessen Mitglieder alljährlich einen Druck. Heute ist das Ganze eine Gruppenausstellung mit Künstlern, die in München leben oder ansonsten einen biografischen Bezug zur Stadt haben. Die ausgestellten Werke können die aktuell mehr als 1300 Kunstvereinsmitglieder zu Vorzugspreisen (von einem bis 4500 Euro) erwerben. Dass Kunstvereine Kunst verkaufen, dafür gab es in jüngster Zeit immer wieder Kritik. Aber, so Maurin Dietrich: "Diese Non-Profit-Vorstellung", das sei ein neues Phänomen. Gehörte das Verkaufen doch von Anfang an zu den Aufgaben eines Kunstvereins, bevor dieses dann die Galerien übernahmen.

Außerdem: Der Großteil des Erlöses, der bleibt bei den Künstlern, zu denen etwa Michaela Melián gehört. Melián hatte ihre nach dem Gebäude des Kunstvereins am Hofgarten gestalteten Kissen mit dem Titel "Weicher Kunstverein" 1997 schon einmal bei den "Jahresgaben" ausgestellt. Damals wollte sie aber keiner haben, und dass diese nun eine zweite Chance bekommen, ist eine Idee, die Maurin Dietrich und Gloria Hasnay gefällt. Dass mit Ilit Azoulay zum Beispiel auch eine israelische Künstlerin vertreten ist, finden die beiden ebenfalls hervorhebenswert. Der Hintergrund: Azoulay wird im nächsten Jahr ein Kunst-am-Bau-Projekt in München realisieren. Ansonsten gibt die Ausstellung mal wieder einen Überblick über die hiesige Szene, zeigt, wer neu dazugekommen oder gegangen ist. Wie etwa Nigin Beck, die nach dem Studium jetzt in Berlin, oder Philipp Gufler, der in Amsterdam lebt. Ob es an den fehlenden Ateliers in München liegt?

Jahresgaben 20 19 , bis 15. Dezember, Kunstverein München, Galeriestr. 4

© SZ vom 07.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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