Ausstellung:Shalom

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Trumps Beschluss, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sorgt für Eskalationsroutinen. Die Schau "Welcome to Jerusalem" im Jüdischen Museum Berlin ist ein gutes Gegengift.

Von Jens Bisky

Donald Trumps Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat Eskalationsroutinen und Meinungswiederholungen befördert. Wer genauer wissen will, wie es sich in der Stadt lebt, der sollte die Ausstellung "Welcome to Jerusalem" im Jüdischen Museum Berlin besuchen. Sie vergegenwärtigt klug den Schauplatz und die Alltäglichkeit des Konflikts, kaum diesen selbst. Das würde eine andere Perspektive erfordern, es müsste dann von den Radikalen, den Naiven und den despotischen Regimen die Rede sein, die den Streit um und in der Stadt befeuern, weil ihnen deren Bewohner im Grunde gleichgültig sind.

Die von Cilly Kugelmann und Margret Kampmeyer kuratierte Ausstellung beleuchtet stattdessen Augenblicke in der Geschichte einer Stadt, die lange Provinz und Nabel der Welt zugleich war. Heute leben etwa 860 000 Menschen in Jerusalem, die Zahl der Besucher ist um ein Vielfaches höher, es sind jährlich 3,5 Millionen. "Welcome to Jerusalem", derzeit noch im Aufbau, kann ab Montag besichtigt werden. Zugleich schließt die Dauerausstellung des Jüdischen Museums. Sie wird neu konzipiert, wobei die Architektur Daniel Libeskinds stärker einbezogen werden soll.

Die heiligen Stätten der drei monotheistischen Religionen stehen im Zentrum, dargestellt in Modellen, mit Filmaufnahmen ritueller Handlungen, in Interviews mit dort Tätigen. Am Anfang stand der jüdische Tempel, der erste von den Babyloniern zerstört, der zweite von den Römern, woraufhin das Judentum sich zur Buchreligion zu wandeln begann. Ein maßstabsgetreues Korkmodell der Klagemauer, der früheren Westmauer des Plateaus, auf dem der zweite Tempel stand, wurde eigens für die Ausstellung angefertigt. Es ließ sich keines finden. Umso gewaltiger wirkt daneben das Modell des Haram asch-Scharif, des Heiligtums der Muslime auf dem Tempelberg.

Das Modell fertigte Ende des 19. Jahrhunderts der in Württemberg geborene Architekt und evangelische Missionar Conrad Schick. Er war auch an der Planung des Stadtviertels Mea Shearim beteiligt, des ersten außerhalb der alten Stadtmauer.

Ein Modell der Grabeskirche über dem Ort der Kreuzigung und Auferstehung erinnert wie die Landkarten, die Jerusalem als Mitte der Welt darstellen, an die Bedeutung des Ortes für Christen. Kreuzzüge, Pilgerreisen, Missionen werden, mal mehr, mal weniger ausführlich, dargestellt. Das Reisen nach Jerusalem bot der Stadtentwicklung die entscheidenden Impulse.

Überraschend gelungen ist in dieser Schau das Zusammenspiel von historischen Objekten, Kunstwerken, Dokumenten und Filmsequenzen, Videoinstallationen, Bildschirmen. Noch vor den Modellen der heiligen Stätten erblickt der Besucher auf Großleinwänden Szenen aus dem Stadtleben. Dank der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Volker Heise, dank des Projekts "24h Jerusalem", sind Einwohner-Kommentare zu hören. Man sollte Zeit dafür mitbringen, es lohnt sich, den Jerusalemern zuzuhören. Dass der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern in einer Endlosschleife von Filmdokumenten bloß vorgeführt wird, wirkt wie eine allzu behutsame Verlegenheitslösung. An einer Pinnwand werden dann in den kommenden Monaten die aktuellen Ereignisse dokumentiert. Ein Grund, mehrfach hinzugehen.

Welcome to Jerusalem. Jüdisches Museum, Berlin. Bis 30. April. Info: www.jmberlin.de/jerusalem. Ausführliche Besprechung folgt.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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