"Neo Rauch macht zur Malerei hin täglich eine Tagessuppe aus Terrinenfleisch, Entenbrust, Austern und Bohnen", schreibt Jonathan Meese dem Jubilar zur Würdigung. Meese kann das. Aus dem Geschmack der Gemälde die Worte fischen, die wie Fettaugen auf der Suppe schwimmen, das Erdige und Erhabene benennen und die ganze dunkel eingerahmte, feuchtglibberige Grellheit.
Wenn es einem letztlich aber nicht schmeckt, dann möchte man am liebsten klein weiterschreiben, knapp und klar, modern; bloß nicht durch dieselbe Suppe schlapfen, die jetzt, zum fünfzigsten Geburtstag des Malers, als breiter Strom durchs Land schwappt.
Die gemeinsame Retrospektive "Begleiter" verteilt sich in insgesamt 120 Bildern auf zwei Ausstellungsorte - die Münchner Pinakothek der Moderne und das Museum der bildenden Künste in Leipzig. Neo Rauch selbst darf sich erstaunt zurücklehnen - schon wieder eine Retrospektive . . .
Vor seinem Werk gibt der Künstler gern den am eigenen Erfolg Zweifelnden. Es ist an anderen, zu erklären, was an diesen Bildern ist, das die Kritik entzweit und Neo Rauch zum Liebling des Publikums macht.
Es gibt zwei Erklärungen: Er ist ein unwiderstehlicher Maler. Und: Er ist als Künstler so peinlich, ein Fossil.
Während sein Werk dem Mitte der Neunziger nicht mehr aktuellen Format "Tafelbild" den Weg zurück in die Museen und Galerien ebnete, und zwar als Siegeszug, ließ sich Neo Rauch bald als konservativ vereinnahmen. Das lag an seinen Motiven, die, bald nach seinem Durchbruch, immer "deutscher" wurden. Das kam vor allem im Ausland gut an.
Neo Rauch wird international hoch gehandelt, gilt seit seiner Einzelausstellung "para" im Jahr 2007 als der erste Zeitgenosse, dem das Metropolitan Museum in New York seine Tore öffnete, zumindest ein paar Räume unter dem Dach.
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