Ausstellung:Dem mutigen Mäzen ist der Lorbeerkranz gewiss

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Sind die Papierarbeiten von Joseph Beuys aus der Sammlung Schirmer ein erster Schritt zur nächsten großen Schenkung?

Von Evelyn Vogel, München

Beuys und das Lenbachhaus - das ist eine mittlerweile bald 40 Jahre währende Geschichte von Ursache, Einflüssen und Wirkung. Keine Beuys-Ausstellung kann in der Städtischen Galerie am Königsplatz stattfinden, ohne dass es einen Hinweis auf die besondere Beziehung gäbe. Kurz zur Erinnerung: Der Ankauf des Environment "Zeige deine Wunde" des im Rheinland agierenden Künstlers Joseph Beuys durch das Lenbachhaus 1979 löste in München nicht nur eine laute Diskussion über die Bedeutung zeitgenössischer Kunst aus. Es war auch der Auftakt zur Erweiterung einer Sammlung, die sich bis dahin auf Werke von Künstlern mit einem Bezug zur eigenen Stadt konzentriert hatte.

Am Ende der als "Kulturkampf" in die Stadtgeschichte eingehenden Auseinandersetzung war vieles gesagt, mancher Beteiligte verletzt - aber die Kunst gestärkt. Das Lenbachhaus hatte den Aufbruch in die Internationalität vollzogen.

An diesen Aufbruch erinnern denn auch Stadtpolitiker und Museumsleute gerne, wenn es um Neues von Beuys im Lenbachhaus geht. Wie es derzeit der Fall ist, da der Münchner Verleger Lothar Schirmer eine Ausstellung mit Papierarbeiten aus seiner Sammlung dort zeigt. Das ist zudem für das Haus bedeutsam, als man Schirmer zum einen vor einiger Zeit einige bedeutsame Werke abgekauft hat. Und dass Schirmer zum anderen dem Haus daraufhin etliche Werke aus seiner Sammlung als Dauerleihgabe überlassen hat - jüngst kamen wieder zwei Objekte hinzu. Wenn hier nun ein Konvolut von 200 Papierarbeiten gezeigt wird, dann fragt man sich sicher nicht zu Unrecht, ob da nicht der nächste große Schirmer-Beuys-Lenbachhaus-Coup vorbereitet wird. Jedenfalls schien der Lorbeerkranz, von dem Fördervereins-Vorsitzender Alexander Mettenheimer anlässlich der Präsentation sprach, in diesem Sinne geflochten. Denn Mettenheimer lobte Lothar Schirmer nicht nur als "leidenschaftlichen Sammler und mutigen Mäzen". Er betonte auch, wie nötig die Stadt und deren "aufgeklärtes Bürgertum" solches Mäzenatentum benötige.

Im Falle Schirmers ist eine Beuys-Ausstellung zudem immer auch eine persönliche Sache. Denn schon der 19-Jährige entdeckte 1964 auf der Documenta III in Kassel seine Faszination für die oft zarte Beuys'sche Bildsprache und reduzierte künstlerische Ausdrucksform. Durch stete Zukäufe bis kurz vor dem Tod des Künstlers wuchs so über Jahrzehnte hinweg die Sammlung der Papierarbeiten. Auch wenn Beuys bald alleine entschied, wem was zustand. "Er teilte jetzt zu, was er für sinnvoll hielt" und "wurde so zum bewusst agierenden Kurator meiner Sammlung", beschreibt Schirmer amüsiert die Situation.

Diese Sammlung, von der nun ein beachtlicher Teil im Lenbachhaus zu sehen ist, zeigt die Beuys'sche Gedankenwelt hinter den Environments und Objekten. Filz und Fett spielen hier kaum eine Rolle. Neben den bildhaften Momenten steht vor allem die Schrift im Mittelpunkt, so dass man als Betrachter tatsächlich - wie Schirmer es formulierte - "sehend und lesend" durch die Ausstellung gehen sollte.

Es kommt dem Überblick zugute, dass die Blätter in Themenbereiche wie Landschaft, Tiere, Mensch gegliedert sind. Wenngleich es dem Verständnis des Künstlers von einem "Urgrund", aus dem alles stammt, zuwider läuft. Die Ausstellungsarchitektur ist recht charmant und soll wohl an eine intime Ateliersituation erinnern, in der die Blätter - obwohl nun gerahmt - fast lässig an die Wände gelehnt scheinen. Während die schon genannten Kapitel bedeutsame Beuys-Formen durchdeklinieren - hinreißend die Goldhasen-Serie, tiefenpsychologisch die Hirsch-Metaphern -, machen die zum "Demokratischen Bewusstsein" oder den "Partituren" Beuys' Idee "vom freien Menschen als Natur- und Gesellschaftswesen" deutlich.

Wie aufschlussreich wäre es, wenn die Blätter dereinst im Zusammenhang mit den Environments und Objekten im Beuys-Flügel des Lenbachhauses dauerhaft zu sehen wären. Lothar Schirmer kann sich das "durchaus vorstellen".

Joseph Beuys: Einwandfreie Bilder 1945 - 1984 ; Arbeiten auf Papier aus der Sammlung Lothar Schirmer, Lenbachhaus, Luisenstraße 33, Di 10-20 Uhr, Mi-So und feiertags 10-18 Uhr, bis 18. März

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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