Architektur:Besitzverhältnis problematisch bei Denkmal-„Sorgenkindern“

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Krokusse blühen im Sonnenschein vor dem Weimarer Stadtschloss. (Foto: Michael Reichel/dpa)

Zum Tag des offenen Denkmals können am Sonntag in Thüringen Hunderte historisch-wertvolle Orte besucht werden. Doch einzelne der vielen Zehntausend Denkmäler Thüringens sind in desolatem Zustand.

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Erfurt (dpa/th) - Bröselnde Wände, undichte Dächer: Als Grund für den schlechten Zustand einzelner Denkmäler sieht das Landesamt für Denkmalschutz oft lange ungeklärte Eigentumsverhältnisse. Denn so würden häufig über Jahre keine Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden können. Aber auch Desinteresse der Eigentümer oder aber ungenügende Durchsetzung des Denkmalschutzgesetzes sowie der demografische Wandel in ländlichen Regionen begünstigten die Probleme, wie ein Sprecher des Landesamts für Denkmalschutz und Archäologie mitteilte.

Das Landesamt schätzt, dass der Anteil der Thüringer Denkmäler mit besonders kritischem Zustand bei deutlich unter fünf Prozent liegt - wobei es regionale Unterschiede gebe. Im Freistaat gibt es demnach etwa 30.000 Denkmäler. In der Zahl sind allerdings auch Ensembles enthalten, die aus mehreren Einzelobjekten bestehen.

Ein Beispiel für ein stark bedrohtes Denkmal ist der Kulturpalast Unterwellenborn (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt). Das Kulturhaus gehörte einst zum Volkseigenen Betrieb Maxhütte, nach der Wende wurde der Landkreis Eigentümerin der Immobilie. Dieser verkaufte sie schließlich Mitte der 90er Jahre an eine Privatperson unter der Vorgabe, dass das Gebäude saniert und genutzt werden würde.

Anfangs habe es Bauarbeiten gegeben, sagte Hartwig Bärnt, Vorsitzender des Vereins Kulturpalast Unterwellenborn. Diese seien aber in Stocken geraten. Der 2013 gegründete Verein habe sich mehrere Jahre um das Gebäude bemüht, hatte seinen Sitz dort, Veranstaltungen und mehr organisiert. Dann habe der Eigentümer 2019 dem Verein Hausverbot erteilt, so Bärnt. Die Gründe kenne der Verein nicht.

„Der Eigentümer ist nicht kooperativ“, sagte auch Olaf Melzer, Hauptamtsleiter der Gemeinde Unterwellenborn (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt). Diebstähle und Einbrüche seien in dem Gebäude keine Seltenheit. Unter anderem seien etwa Pumpen aus dem Keller gestohlen worden, die das Grundwasser in Schach halten sollten. Jetzt dringe Wasser ein, das sei nicht gut für das Fundament. „Aus unserer Sicht ist auch nicht absehbar, wann sich an diesem Zustand etwa ändert“, so Melzer.

Ein Rechtsstreit zwischen dem Landratsamt und dem Eigentümer ist in der Sache anhängig. Der Besitzer möchte sich unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht zum Kulturpalast äußern, wie eine Anfrage bei dessen Unternehmen ergab. Auch das Landratsamt machte keine Angaben dazu.

Immerhin hat der Verein Kulturpalast Unterwellenborn inzwischen einen neuen Sitz: in der Gasmaschinenzentrale. Auch das Industriedenkmal gehörte früher zur Maxhütte, heute ist es Eigentum der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Thüringen. Dort bietet der Verein am Tag des offenen Denkmals am Sonntag unter anderem auch spezielle Führungen an, eine Entdeckertour für Kinder sei geplant. Filme werden gezeigt - über die Geschichte der Maxhütte allgemein und über den Kulturpalast. „Wir wollen den Kulturpalast auch weiter im öffentlichen Gedächtnis halten, auch wenn die Situation schwierig ist“, betonte Bärnt.

Thüringenweit werden am Tag des offenen Denkmals laut Deutsche Stiftung Denkmalschutz knapp 400 Denkmäler für Gäste geöffnet sein. Neben zig kleineren und selten öffentlich zugänglichen Stätten, bieten auch die großen Kultureinrichtungen in ihren Häusern ein spezielles Programm, wie etwa die Klassik Stiftung Weimar. Eine Übersicht gibt es im Netz unter www.tag-des-offenen-denkmals.de.

© dpa-infocom, dpa:230907-99-103120/2

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