SZ-Werkstatt:Keine Zeit für Sightseeing 

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Paris, Nizza, Reims, Lille: Man kommt ziemlich rum, wenn man wie Anna Dreher über die Frauenfußball-WM in Frankreich berichtet.

Von Anna Dreher

Am Dienstagabend habe ich mir mit Kolleginnen und Kollegen in einer Bar in Lille das Spiel USA gegen Thailand angeschaut. Die Fußballweltmeisterschaft der Frauen findet in diesem Jahr in Frankreich statt, über das ganze Land verteilt. Es liegen meist sehr viele Kilometer zwischen den Spielorten. Und sich neben den deutschen noch die Partien der 23 anderen Mannschaften im Stadion anzuschauen, wie zum Beispiel die des Turnierfavoriten USA, ist leider schwierig.

Am Dienstag jedenfalls, als die Amerikanerinnen die ersten ihrer 13 Tore geschossen hatten, fand der Barkeeper ein anderes Spiel interessanter - das der französischen Männer gegen Andorra in der EM-Qualifikation. Die Fernbedienung nahm er erst wieder in die Hand, als unsere Gruppe laut protestierte, ansonsten störte der Programmwechsel offenbar niemanden. Das Eröffnungsspiel der Französinnen gegen Südkorea aber haben sich 45 261 Zuschauer im Stadion angeschaut, da war die Begeisterung offenbar größer als in der Bar. Beim Spiel der Deutschen - 2003 und 2007 Weltmeister und Mitfavorit - gegen China waren es mit 15 283 deutlich weniger. Auch in anderen Stadien lag die Anzahl eher in diesem Bereich. Kein Wunder, dass die Fifa dafür kritisiert wird, nicht genug für die Popularität dieser WM zu tun - aber vielleicht ist das ja nur die Aufwärmphase.

Solange die Nationalmannschaft dabei ist, orientiert sich meine Reiseroute an den Deutschen. Am Montag steht das letzte Vorrundenspiel gegen Südafrika in Montpellier an, ich bin nun also im hoffentlich wärmeren und weniger regnerischen Süden Frankreichs. Gewinnen die DFB-Frauen ihre Gruppe, würde es danach nach Grenoble gehen, bei einem weiteren Sieg nach Rennes, und würde das Halbfinale erreicht, nach Lyon.

Viel habe ich von den Städten bisher allerdings nicht gesehen. Manche stellen sich das wie eine Sightseeingtour vor, wenn sie hören, dass man aus anderen Ländern berichtet. Die Tage sind mit Schreiben, Pressekonferenzen, Spielen und Recherchen aber sehr gefüllt. Und die Hauptattraktion ist ja ohnehin die WM selbst.

© SZ vom 15.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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