Übergewicht:Schlechte Noten, weniger Geld

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Natalie Rosenke, Vorsitzende der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung e. V. (Foto: Rolf Schulten)

Übergewichtige Menschen haben im Berufsleben oft mit Benachteiligungen und Vorurteilen zu kämpfen. Natalie Rosenke erklärt, was sich in Unternehmen abspielt und wie der Gesetzgeber das ändern könnte.

Interview von ina reinsch

Übergewichtige Menschen sind im Berufsleben häufig Vorurteilen und Benachteiligungen ausgesetzt. Natalie Rosenke, Vorsitzende der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung e. V. erklärt, was sich in Unternehmen abspielt und wie der Gesetzgeber das ändern könnte.

SZ: Reden wir über Vorurteile: Mit welchen gängigen Stereotypen werden übergewichtige Menschen im Berufsleben konfrontiert?

Natalie Rosenke: Dicken Menschen wird nachgesagt, dass sie eine geringere Leistungsbereitschaft aufweisen und häufiger krank sind, vielfach wird Dicksein selbst bereits als Krankheit betrachtet. Sie gelten als nicht repräsentativ und werden nicht als intellektuell wahrgenommen. Diese Vorurteile sind falsch. Gerade dicken Menschen ist bewusst, dass sie so gesehen werden. Sie sind daher häufig besonders motiviert und leistungsbereit, um diesen Vorurteilen zu begegnen.

Haben übergewichtige Menschen im Beruf Nachteile gegenüber anderen Arbeitnehmern?

Die Benachteiligung beginnt nicht erst im Berufsleben, sondern bereits in der Schule. Studien belegen, dass dicke Kinder schlechter benotet werden. Später, bei der Bewerbung, werden nach einer Studie der Universität Tübingen vor allem hochgewichtigen Frauen keinerlei Berufe mit Prestige zugetraut. Im Berufsleben selbst sind Mobbing und Diät-Gespräche ständige Begleiter. Aufgrund der gängigen Vorurteile sind die Aufstiegschancen dicker Menschen deutlich geringer, im Bereich der Entlohnung gibt es ebenfalls Unterschiede.

Wie können sich Menschen mit Übergewicht gegen Diskriminierung im Berufsleben wehren?

Das ist im Augenblick tatsächlich sehr schwer möglich, sehen wir von einer Anzeige wegen Beleidigung ab. Das Gewicht stellt bislang kein geschütztes Merkmal nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dar. Wir fordern daher, das "äußere Erscheinungsbild" als geschütztes Merkmal in das AGG aufzunehmen und ein Verbandsklagerecht im Gesetz zu etablieren. Hier ist die Politik gefragt.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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