Die Menschenmenge aus dem Düsseldorfer Hauptbahnhof hastet auf die beiden Helfer in gelben Warnwesten zu. "Wie komm ich zur Nordstraße ?", "Ich muss nach Neuss", "Zur Universität?". Busse und Bahnen stehen in den Depots. Immerhin fahren ein paar Linien noch und bringen Pendler ihrem Arbeitsplatz etwas näher. Manche nehmen die Zwangslage sportlich. "Wie gut, dass ich Gleitzeit hab", sagt eine Frau. Sie will nur wissen, wie sie am besten ins Büro kommt: "Zu Fuß - und immer den Schienen nach!"
Die aktuellen Streiks im öffentlichen Dienst bergen gerade für Pendler einige Probleme. Wenn Mitarbeiter wegen eines Streiks im öffentlichen Dienst zu spät zur Arbeit kommen, beispielsweise weil ein Bus ausfällt, können sie eine Abmahnung kassieren. "Das gilt zumindest, wenn die Streiks - wie jetzt - angekündigt und die Einschränkungen vorhersehbar sind", sagt Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Der Arbeitnehmer trage das sogenannte Wegerisiko. Danach gehört es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, alles Zumutbare zu tun, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu sein. Was zumutbar ist, sei abhängig vom Einzelfall. So könne der Chef zum Beispiel verlangen, dass sich ein Mitarbeiter ohne Auto bei Streiks im öffentlichen Nahverkehr von Kollegen mitnehmen lasse. Unzumutbar kann dagegen sein, wenn als Alternative nur bleibt, ein Taxi zu bestellen und dieses 100 Euro kosten würde.
Auf jeden Fall sollten Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber sofort informieren, wenn sie aufgrund eines Streiks nicht pünktlich kommen, rät Eckert. Für die Zeit, die sie zu spät kommen, erhalten sie keinen Lohn.
Alternative zur Kita suchen
Problematisch dürfte es für viele Eltern außerdem werden, wenn ihre Kita bestreikt wird. Sie müssen dann zunächst versuchen, ihr Kind anderweitig betreuen zu lassen. Gibt es gar keine andere Möglichkeit, dürften sie jedoch im Job fehlen, ohne dass ihnen eine Abmahnung droht. Allerdings sollte auch hier der Chef sobald wie möglich informiert werden, rät Eckert. Mancher Arbeitgeber erlaube es, das Kind im Notfall einen Tag lang mitzubringen.
Vor der zweiten Runde der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst am kommenden Donnerstag weiten die Gewerkschaften ihre Warnstreiks massiv aus. Allein in Nordrhein-Westfalen rief Verdi mehr als 45 000 Beschäftigte zur Arbeitsniederlegung auf, unter ihnen mehr als 10 000 Angestellte im öffentlichen Nahverkehr. Auch in Bayern streiken am Dienstag und Mittwoch Tausende Beschäftigte. Betroffen sind neben Bussen und Bahnen, Krankenhäusern und Jobcentern auch Kindertagesstätten. Berufstätige sollten sich deshalb auf Einschränkungen einstellen.
Verdi und der Beamtenbund fordern unter anderem eine Lohnerhöhung von 100 Euro pro Monat. Dazu soll ein Gehaltszuwachs von 3,5 Prozent kommen - dies würde im Schnitt eine Erhöhung um sieben Prozent ausmachen. Die Arbeitgeber hatten in der ersten und bislang einzigen Verhandlungsrunde kein Angebot vorgelegt.