Sprachleitfaden für Jobcenter-Mitarbeiter:Klartext statt Amtsdeutsch

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Ähnlich verwirrend wie dieser Wegweiser in der Schweriner Agentur für Arbeit waren bislang auch die Antragsformulare der Behörden - das soll sich nun ändern. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Sie sollen "bitte" schreiben. Und "leider", falls ein Antrag abgelehnt wird. Mit einem Sprachleitfaden will die Bundesagentur für Arbeit ihren Mitarbeitern das Amtsdeutsch abgewöhnen.

Von Thomas Öchsner

Es gibt in Deutschland wahrscheinlich keine Institution, die so viel Papier ausstößt wie die Bundesagentur für Arbeit (BA). Mehr als 500.000 Schreiben verschickt die Behörde pro Arbeitstag. Im Jahr sind das 120 Millionen. Es gibt den Bewilligungs- und den Ablehnungsbescheid für Hartz-IV-Empfänger. Es gibt die schriftliche "Anhörung", wenn ein Arbeitsloser Termine unentschuldigt versäumt, und natürlich jede Menge Antragsformulare.

Doch ob die Menschen immer verstehen, was sie auf den Papieren der Nürnberger Behörde lesen, steht auf einem anderen Blatt. Die Bundesagentur will deshalb weg vom Behördendeutsch. "Wir sprechen Klartext", heißt es in einem Werbeslogan im Mitarbeiter-Fernsehen der BA.

In den Bescheiden der Bundesagentur tauchen neuerdings Wörter auf, die in amtlichen Briefen früher selten zu finden waren. Die Mitarbeiter sollen "bitte" schreiben, wenn etwas zu beachten ist, oder sogar "leider", falls ein Antrag abgelehnt wird.

"So fachlich wie nötig - so bürgernah wie möglich"

Die Sätze sollen kürzer und knapper werden. Statt: "Ihr in dem oben genannten Schreiben aufgeführtes Argument . . ." sollen die Mitarbeiter jetzt schreiben: "Ihr Argument . . ." Aus dem "nicht mitgeteilten Wohnungswechsel während des Bezugs von Arbeitslosengeld" wird so schlicht "Ihr Umzug" und aus der "Gesamtforderung gegen Sie in Höhe von 112 Euro" "ein Betrag in Höhe von 112 Euro", der zurückzuzahlen ist.

180 Druckvorlagen hat die BA in den vergangenen vier Jahren überarbeitet. Arbeitsloseninitiativen und der Paritätische Wohlfahrtsverband halfen dabei mit. Auf den Bescheiden soll auf der ersten Seite klar formuliert stehen, wie entschieden wurde - möglichst ohne ständig auf Paragrafen zu verweisen. "So fachlich wie nötig - so bürgernah wie möglich", lautet die Grundregel.

Diese steht im ersten Sprachleitfaden der BA, in dem die mehr als 100.000 Mitarbeiter nachlesen können, wie sie "klar, persönlich, partnerschaftlich, zeitgemäß" sprechen und schreiben sollen.

"Benutzen Sie Verben, denn Hauptwörter bewirken oft den typischen Amtston", heißt es in der 21 Seiten starken Fibel. Den Mitarbeitern wird empfohlen, nicht mehr als vier Hauptwörter pro Satz zusammenzureihen, das Personalpronomen "Sie" zu verwenden und sich selbst nicht hinter Passiv-Konstruktionen zu verstecken. "Das wirkt bürokratisch und ist unhöflich", schreiben die Sprachlehrer der Bundesagentur. Briefe sollten nicht "von oben herab", "besserwisserisch" und "autoritär" wirken.

Das Wort "danke" findet sich - noch - nicht

"Durch eine klarere Sprache wollen wir die Akzeptanz in die Arbeit der Jobcenter erhöhen und damit mehr Vertrauen in unsere Entscheidungen aufbauen", sagt BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt. Er erhofft sich dadurch auch, dass die Anzahl der Widersprüche zurückgeht, "die Hartz-IV-Empfänger oft nur einlegen, weil sie die Bescheide nicht verstanden haben".

Am 1. August soll dann der nächste große Akt der Nürnberger Schreib-Revolution kommen: ein neuer Hartz-IV-Antrag, mit weniger Text, hellgrüner Farbe und vereinfachten Angaben zum Ankreuzen.

Das Wort "danke" fürs Ausfüllen findet sich dort nicht. Im Sprachleitfaden wird aber daran erinnert: "Auch ein gelegentliches 'Danke' trägt zu einem partnerschaftlichen Stil bei."

© SZ vom 18.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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