Privat-Universitäten in Großbritannien:Wer am meisten zahlt, kommt rein

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Die britische Regierung hat ihre Ausgaben für das Bildungssystem drastisch gekürzt. In London entsteht deshalb ein neues College als reines Privatinstitut. Prominente Wissenschaftler steigen als Dozenten ein - und wer angenommen werden will, muss als Student so manche Voraussetzung erfüllen.

Alexander Menden

Vom Herbst kommenden Jahres an wird Großbritannien um eine Universität reicher sein. Dann nimmt das New College of the Humanities (NCH) in Bloomsbury den Lehrbetrieb auf. Das Londoner Privatinstitut wurde ohne staatliche Zuschüsse gegründet und bietet sowohl geisteswissenschaftliche als auch Jura- und Wirtschaftsstudiengänge an. Zu den Dozenten gehören einige der medienwirksamsten angelsächsischen Akademiker, die selbst einen Teil der zehn Millionen Pfund Gründungskapital beigesteuert haben. Als erster NCH-Direktor wird der Philosoph Anthony Grayling fungieren; weitere Dozenten sind der Evolutionsbiologe Richard Dawkins, der Historiker Niall Ferguson und der Psychologe Steven Pinker.

Ein Studium am New College of the Humanities in London wird eine exklusive Angelegenheit. Die Studiengebühren sind doppelt so hoch wie an staatlichen Hochschulen. (Foto: Getty Images)

Das NCH könnte Vorreiter einer Welle privater akademischer Neugründungen in England werden, und setzt damit um, was die konservativ-liberale Regierung anstrebt. Sie hat im akademischen Jahr 2011/2012 das staatliche Gesamtbudget für die 254 bestehenden englischen Universitäten um 940 Millionen Pfund gekürzt. Nun will sie mit einem deutlich vereinfachten Verfahren freie Träger animieren, in Eigeninitiative sowohl Schulen als auch Einrichtungen höherer Bildung zu etablieren. Nach Vorstellung des Bildungsministers Michael Gove wird so auch ein schärferer Wettbewerb zwischen den Instituten in Gang gesetzt, was wiederum akademische Standards verbessern soll.

Das NCH hat sich als reines Privatinstitut vollständig aus dem staatlichen Zuschuss-System ausgeklinkt. Diese Unabhängigkeit erlaubt es der neuen Universität nicht nur, die Zulassungskriterien selbst festzulegen. Sie kann auch die Höhe der Studiengebühren bestimmen. Diese werden das Doppelte des Höchstsatzes für Studiengebühren an staatlich bezuschussten Universitäten betragen. Während die Obergrenze sonst bei 9000 Pfund liegt, wird man für das Privileg, am NCH zu studieren, 18.000 Pfund im Jahr bezahlen müssen. Das NCH verhandelt zwar derzeit noch mit dem Bildungsministerium über den Status seiner Studiengänge als "alternative provision". Doch selbst, wenn es damit Erfolg hat, könnten Studenten maximal ein Drittel ihrer Studiengebühren mit einem staatlichen Darlehen finanzieren.

Laut Direktor Grayling ist die NCH-Gründung eine direkte Reaktion auf die Streichung von Mitteln für geisteswissenschaftliche Studiengänge an staatlichen Universitäten. Auch andere Unis würden möglicherweise bald vor der Wahl stehen "unterzugehen oder zu privatisieren", so Grayling im Guardian. Doch diese Argumentation überzeugt einige Kollegen nicht.

So glaubt Sally Hunt, Generalsekretärin der Dozenten-Vereinigung UCU, dass auf diese Weise nicht "die besten, sondern die mit den tiefsten Taschen eine Chance bekommen". Die Financial Times zitiert den Leiter einer "Institution mit großem Forschungsbereich", dass das NCH ohne eigene Forschung nicht mehr sein werde als eine "glorifizierte Volkshochschule". Zudem sind einige der Dozenten, etwa Ferguson und Pinker, noch bei amerikanischen Eliteuniversitäten angestellt. Wie die Cambridge-Professorin Mary Beard auf ihrem Blog anmerkt, ist es unwahrscheinlich, dass diese Akademiker ihre gut bezahlten Posten in Havard aufgeben. Sie würden, so Beard, es "maximal ein paar Wochen im Jahr in das neue College schaffen".

© SZ vom 07.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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