Sie sind meistens zwischen 35 und 54 Jahre alt, männlich, haben eine Berufsausbildung, zunehmend einen Hochschulabschluss - und es werden immer mehr. Die Zahl der Selbständigen ist in Deutschland zwischen 1991 und 2011 um mehr als 40 Prozent auf 4,3 Millionen gestiegen.
Für viele lohnt es sich dabei, mit dem Dasein als Angestellter Schluss zu machen und Unternehmer zu werden. Dies geht aus einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. "Der Schritt in die Selbständigkeit kann gerade für abhängig Beschäftigte mit relativ niedrigem Einkommen eine Möglichkeit sein, ihre finanzielle Lage zu verbessern", sagt Professor Alexander Kritikos, einer der Autoren der Studie.
Wenn es um Selbständige geht, ist oft von "Kümmer-Existenzen" die Rede. Darunter versteht man Solo-Unternehmer ohne Angestellte, deren Verdienst nur knapp über oder sogar unterhalb des Existenzminimums liegt, so dass sie ihr Einkommen mit Hartz IV aufstocken müssen.
Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung hatte 2011 ermittelt, dass ein Viertel der Selbständigen "zuletzt ein monatliches Nettoeinkommen von weniger als 1100 Euro hatte". In der neuen DIW-Untersuchung wird dies bestätigt: 27 Prozent der Selbständigen liegen demnach unterhalb dieser Grenze.
Die Forscher des Berliner Instituts und der Universität Jena fanden jedoch heraus, dass bei Arbeitnehmern der Anteil der Geringverdiener sehr viel höher liegt als bei Selbständigen. Bei den abhängig Beschäftigten verdient sogar jeder Dritte (34 Prozent) weniger als 1100 Euro netto.
Auch bei den höheren Einkommensgruppen schneiden die Selbständigen besser ab. Nach der DIW-Untersuchung verfügen knapp 37 Prozent über ein Einkommen von mehr als 2300 Euro pro Monat, verglichen mit 17 Prozent der abhängig Beschäftigten. Die Analysen des DIW beruhen auf einer amtlichen Quelle, dem Mikrozensus. Dafür lässt das Statistische Bundesamt jedes Jahr in Deutschland etwa 820.000 Menschen in 370.000 Haushalten befragen.
Die Forscher verglichen auch die Einkommen von Gründern drei Jahre nach ihrem Schritt in die Selbständigkeit mit ihrem vorherigen Verdienst als Arbeitnehmer. Die wichtigsten Erkenntnisse dabei: 38 Prozent der jungen Unternehmer verdienen nun mehr als vorher. Bei knapp der Hälfte ist das Einkommen in etwa gleich geblieben. Fast jeder sechste Gründer (17 Prozent) muss sich allerdings mit weniger Geld begnügen.
Besonders auffällig dabei ist, dass es vielen Selbständigen, die als Arbeitnehmer weniger als 1100 Euro oder zwischen 1100 und 2300 Euro netto hatten, gelungen ist, ihr Einkommen zu steigern. "Wer ein Unternehmen gründet, geht ein Risiko ein und muss oft mehr arbeiten als vorher im Angestellten-Status. Dafür gibt es gute Chancen, mehr Geld mit nach Hause zu bringen", kommentiert Ökonom Kritikos diese Zahlen.
Der Wirtschaftsprofessor ist überzeugt, dass sich in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren "eine stärkere Kultur der Selbständigkeit entwickelt hat". So waren 2009 bereits 11 Prozent der erwerbsfähigen Personen als Unternehmer tätig. 1991 galt dies nur für acht Prozent. Dazu trug vor allem der Zusammenbruch der Planwirtschaft in der DDR bei: In Ostdeutschland hat sich die Zahl der Selbständigen zwischen 1991 und 2009 verdoppelt.
Bundesweit ist inzwischen jeder zweite Selbständige als Dienstleister tätig. Der Anteil der Frauen unter ihnen wird immer größer: Fast jeder dritte Unternehmer ist weiblich. 1991 traf dies nur auf jeden vierten zu.
Deutlich zugenommen hat auch die Gruppe der Gründer mit ausländischer Herkunft. Damit wird eine Studie bestätigt, die kürzlich das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte. Den größten Anstieg haben die DIW-Wissenschaftler bei den Hochschulabsolventen beobachtet. Ihr Anteil an den Selbständigen hat sich während des Untersuchungszeitraums auf 1,25 Millionen mehr als verdoppelt.
"Es ist schon bemerkenswert, dass sich fast jeder fünfte Hochschulabsolvent in seiner weiteren beruflichen Laufbahn irgendwann selbständig macht", sagt Michael Fritsch, Forschungsprofessor am DIW und Mitautor der Studie.
Er hofft, dass in Zukunft "die Qualität der Gründungen weiter steigt". Die Politik müsste sich dafür noch stärker als bisher darum bemühen, die Zahl gut qualifizierter Hochschulabsolventen zu erhöhen und gezielter Programme zu entwickeln, Gründer zu qualifizieren. Dies könne letztlich dazu beitragen, "neue Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen".