Kolumne "Was ich am Job hasse":Nicht alles auf einmal!

Lesezeit: 2 min

Wer ist schon multitaskingfähig: Selbstüberforderung gilt es zu vermeiden. (Foto: Illustration Jessy Asmus für SZ.de)

Wer behauptet, er könne multitasken, ist entweder genial oder lügt. Trotzdem fordern im Job viel zu viele Dinge unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Natürlich gleichzeitig.

Kolumne von Katja Schnitzler

Es war einmal ein positives Vorurteil, das da lautete: Frauen sind besser im Multitasking. Inzwischen wurde dies von Wissenschaftlern als Märchen enttarnt. Wer viele Aufgaben gleichzeitig angeht, erledigt keine davon wirklich gründlich - selbst Frauen nicht. Also konzentrieren sich beide Geschlechter auch im Büro besser nur auf eine Aufgabe, um diese zur vollsten Zufriedenheit erledigen zu können. Etwa diesen Text zu schreib...

Moment, eine interne Mail, offenbar wichtig, sie ging an alle. Wer Themen für das nächste Spezial habe? Ich hätte da eine Idee, aber erst will ich den Artikel hier fertig...

Kollegin B. skypt, ob wir heute pünktlich essen gehen können, gestern Abend habe es bei ihr statt dicker Suppe nur dünn belegte Brote gegeben?

Das müsste zu machen sein, antworte ich, und google, ob es ein passendes "Braten"-Emoticon gibt. Ich finde ein Hühnchen am Spieß (tandoori) und bekomme auch Hunger. Da fällt die Konzentration schwer, aber weil ich bis zum Mittagessen fertig sein soll, muss ich ...

"Moment ...", stammele ich

Kollege F. reißt die Tür auf, ich falle vor Schreck fast vom Stuhl: "Du kennst dich doch ...", schnauft er kurzatmig, "... so gut mit dem Quiz-Programm aus? Ich komme nicht weiter und muss da was bis Mittag fertig haben." Ich auch, denke ich. Aber es dauert meist nur drei Minuten, bis der gordische "Es geht einfach nicht"-Knoten gelöst ist. Würde es zumindest, wenn nicht in diesem Moment ein Anruf käme: "Auf der Reise nach Grönland ist noch ein Platz frei, den ..."

Kollege F. wird neben mir unruhig, ich klicke mich durch das Quiz-Programm, "... wenn Sie da also Grönland entdecken ...", Kollege F. tippt mit dem Finger auf seine imaginäre Armbanduhr, "Ja, gleich", sage ich, "... gerne, dann setzen wir Sie auf die Teilnehmerliste!", sagt der Anrufer, "Moment ...", stammele ich. "Aber ich muss doch bis Mittag ...", insistiert Kollege F. "Ich maile dir, wenn es fertig ist", zische ich. "Per Mail", sagt der Anrufer, "gerne, dann schicke ich Ihnen die Details gleich zu", und legt auf.

Kollege F. schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Ich glaube, ich fahre nach Grönland", murmele ich.

"Geht es dir gut?", fragt Kollegin A.

Das Telefon klingelt schon wieder, Kollegin A. ist dran, wie weit ich mit meinem Text sei? Kollege F. verlässt mein Büro, nicht ohne noch mal mit dem Finger auf sein Handgelenk zu tippen. "Ich muss nur noch die Häkchen richtig setzen, dann bekommst du Grönland", sage ich. "Geht es dir gut?", fragt Kollegin A.

Unterbrechungen im Arbeitsalltag
:Jetzt nicht!

Und plötzlich streikt auch noch der Computer. Viele Arbeitnehmer sind im Job mit Unterbrechungen aller Art konfrontiert. Der Zwang zum Multitasking kann auf Dauer krank machen - doch es gibt Maßnahmen, das Stresslevel zu reduzieren.

Kollege F. ist offenbar zurück an seinem Schreibtisch, denn er skypt, ob ich das Quiz-Problem gelöst habe, Augen-aufreiß-Smiley? Ich schicke ein Wutgesicht-Smiley, und: "Hab's ja gleich!" Kollegin A. schreibt irritiert zurück: "Ist ja gut, es reicht auch, wenn du mir den Text nach dem Mittagessen gibst. Kopfschüttel-Smiley" Kollege F. skypt: "Uuuuund?????"

Ich maile ihm, dass sein ver*!%tes Quiz jetzt funktioniert, er aber nächstes Mal nicht so an meinen Nerven zerren soll, sonst kann er sein Sch#&!-Quiz-Problem selber lösen!

Ich bekomme eine Mail mit dem Betreff: dein ver*!%tes Quiz. Ich habe auf die interne Mail an alle geantwortet. Das Telefon klingelt. Skype pingt im Rhythmus der eingehenden Nachrichten. Antwortmails poppen auf.

Ich muss weg. Zum Mittagessen in Grönland.

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