Informationstechnologie:Branche außer Atem

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Der Markt wächst und wächst - nirgendwo werden mehr Stellen geschaffen als in der Informationstechnologie: Social Media, mobile Anwendungen oder E-Energy sorgen für Überbeschäftigung in der Computerindustrie. Was fehlt, sind die Fachkräfte.

Viola Schenz

Die Informationstechnologie bleibt eine zukunftsträchtige Branche, die Zahl der Stellen im ITK-Bereich (Informations- und Telekommunikationstechnologie) steigt weiter: im Jahr 2010 etwa auf den Rekordwert von 848.000, das waren 12.000 mehr als 2009. Das geht aus Berechnungen des Branchenverbands Bitkom hervor.

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Im Jahr 2011 setzte sich diese Entwicklung fort, Bitkom geht von derzeit 858.000 ITK-Arbeitsplätzen aus, die endgültigen Zahlen liegen noch nicht vor. Die Anbieter von Informationstechnik, Telekommunikation und Internetdiensten seien damit hinter dem Maschinenbau zweitgrößter Arbeitgeber in der deutschen Industrie - noch vor der Automobil- oder der Elektroindustrie.

Ein großes Problem bleibt der Mangel an qualifiziertem Personal. Aktuell gebe es 38.000 offene Stellen für IT-Experten in Deutschland. "Besonders die Anbieter von Software und IT-Service suchen Mitarbeiter", sagt Bitkom-Pressesprecher Maurice Shahd. 2011 seien in diesem Segment 16.000 Stellen geschaffen worden, für 2012 geht Shahd von 10.000 neuen Stellen aus. Auch Projektmanager und IT-Berater seien gefragt.

Immer neue Trends

In welchen Sparten mit Informatiker-Bedarf und Stellenwachstum zu rechnen ist, zeigt sich auch an den Hightech-Trends. Laut einer Branchenumfrage des Bitkom sind das im laufenden Jahr Cloud-Computing, mobiles Computing, IT-Sicherheit und Social Media. Cloud Computing belegt mit 66 Prozent der Nennungen zum dritten Mal in Folge den Spitzenplatz unter den Top-Trends. "Cloud-Services sind die Innovationstreiber bei der Bereitstellung und Nutzung von IT-Leistungen", sagt Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Beim Cloud Computing erfolgt die Nutzung von IT-Leistungen nach Bedarf über Datennetze (in der "Wolke") anstatt auf lokalen Rechnern.

Neben den großen Anbietern von Software für Unternehmen entwickeln auch immer mehr spezialisierte Software-Häuser Anwendungen für die Cloud. "Die Nutzer profitieren daher von einem zunehmenden Wettbewerb", heißt es beim Bitkom. Der Umsatz mit Cloud-Services für Privat- und Geschäftskunden könnte sich bis zum Jahr 2015 in Deutschland auf 13 Milliarden Euro mehr als verdreifachen.

Mehr als die Hälfte der Unternehmen nennt Mobile Computing als zentrales Thema - ein Anstieg von zehn Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Die Bedeutung mobiler Endgeräte steige enorm. Smartphones seien inzwischen weit verbreitet, jetzt eroberten Tablet Computer den Massenmarkt. Gleichzeitig braucht man IT-Experten, die diese Geräte sicher und zuverlässig in die unternehmenseigenen IT-Systeme einbinden. Maurice Shahd spricht von einem "boomenden Markt", App-Entwickler mit Spezialkenntnissen seien derzeit besonders gefragt.

Immer neue Herausforderungen

IT-Sicherheit und Datenschutz gehören laut Umfrage für 48 Prozent der Unternehmen zu den Herausforderungen des Jahres (Vorjahr: 38 Prozent). Social Media legt ebenfalls weiter zu auf 37 Prozent der Nennungen. Bereits zehn Prozent der Unternehmen in Deutschland beschäftigen laut Bitkom eigene Mitarbeiter, die für die Kommunikation im Social Web zuständig sind.

Neu unter den Top-10 ist E-Energy, das Thema wird von fast einem Viertel (24 Prozent) der Unternehmen als besonders wichtig angesehen. Im Zuge der Energiewende haben diese Sparte und damit der Aufbau intelligenter Stromnetze (Smart Grids) Aufmerksamkeit erhalten. Smart Grids ermöglichen den Umstieg auf erneuerbare Energien, indem sie den Stromverbrauch an die wetterbedingt schwankende Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom anpassen, sowie dessen Verteilung steuern. Dafür kommen spezielle ITK-Lösungen und Informatiker mit entsprechenden Fachkenntnissen zum Einsatz.

Immer neue Schwerpunkte

29 Prozent sehen im Bereich Business Intelligence und Big Data einen Schwerpunkt für 2012. Unter Big Data versteht man die Verarbeitung enormer Datenmengen, die sowohl im Bereich der privaten Computernutzung anfallen als auch in Unternehmen, öffentlichen Verwaltungen oder in der Wissenschaft. "Große Datenmengen erfordern eine intelligente Analyse und Aufbereitung von Informationen jenseits der herkömmlichen Technologien", erklärt Bitkom-Sprecher Shahd. Hierfür kämen Business-Intelligence-Systeme zum Einsatz, die komplexe Sachverhalte schnell erfassen, darstellen und dabei unterschiedliche Formate und Inhalte - Texte, Fotos oder Videos - einbeziehen.

Rückläufig bleibt der Trend im Bereich Telekommunikation. "Das liegt zum Teil an den Stellen-Überkapazitäten der Telekom aus früheren Zeiten, die nach wie vor abgebaut werden", erklärt Shahd. Auch bei der Hardware-Produktion tue sich nach wie vor wenig: "Die ist in den vergangenen zehn, 20 Jahren aus Deutschland abgezogen - vor allem Richtung Asien."

© SZ vom 10.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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