Gründungs-Forscher im Gespräch:Gründergeist in der Schule

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Die Deutschen lehnene sich lieber in ihrem Angestelltendasein zurück, als ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Peter Witt, Präsident des Förderkreises Gründungs-Forschung, will das ändern.

S. Boehringer

Peter Witt, 44, ist Präsident des Förderkreises Gründungs-Forschung (FGF), einer Vereinigung für Gründungs-Forschung, -Ausbildung und -Politik in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Witt arbeitet als Professor für Technologie- und Innovationsmanagement an der Universität Wuppertal.

Testfrage: Wie lange hat das Michaelibad geöffnet? Eigentlich kein Fall für das Servicecenter der Stadt. Die richtige Antwort kam dennoch. (Foto: Catherina Hess)

SZ: Herr Witt, Deutschlands Nachwuchs arbeitet lieber angestellt als sich mit einer Geschäftsidee selbständig zu machen. Mit Gründerzentren, diversen Beratungseinrichtungen, Entrepreneur-Lehrstühlen und Schulwettbewerben wird versucht, dies zu ändern. Was bringt am meisten?

Peter Witt: Man muss an verschiedenen Stellen anknüpfen, um den Nachwuchs zu erreichen und zu sensibilisieren dafür, dass es eine interessante Variante zum Angestelltendasein gibt. Das fängt bei Planspielen in der Schule an. Es wird sogar zurzeit überlegt, das Thema "Gründung" im Rahmen des Schulfachs "Ökonomie" anzubieten. Es geht dann weiter im beruflichen Alltag über die Gründungsinitiativen der Industrie- und Handelskammern und im Hochschulbereich eben zum Beispiel über die Entrepreneurship-Lehrstühle. Die Gründerzentren kommen erst ins Spiel, wenn sich jemand bereits entschlossen hat, sich selbständig zu machen.

SZ: Welches sind die wichtigsten Treiber für Gründungen?

Witt: Bei den technologieintensiven Gründungen sind oft die Hochschulen ausschlaggebend. Bei den sogenannten Low-Tech-Ideen, die sich aus Gelegenheiten am Markt ergeben wie zum Beispiel Fast Food, Coffee to go oder Power Napping hängt es von der Konjunktur und vor allem den Rahmenbedingungen ab, wie viele Ideen zur Marktreife gebracht werden.

SZ: Erwarten Sie in konjunkturell guten Zeiten mehr Gründungen als in schlechten?

Witt: Nicht unbedingt. Bislang war der Gründungssaldo recht stabil über die Jahre, mit einer kleinen Spitze kurz vor der Jahrtausendwende, in den Zeiten der sogenannten New Economy, als es binnen Kürze viele Internet basierte Unternehmensgründungen gab. Läuft die Konjunktur gut, gibt es zwei gegenläufige Entwicklungen: Auf der einen Seite sind mehr Menschen bereit, Risiken einzugehen wie etwa eine Firma zu gründen. Auf der anderen Seite läuft in solchen Zeiten auch der Arbeitsmarkt super und als angestellter Arbeitnehmer können viele für sich angenehme und lukrative Jobs ausverhandeln.

SZ: Aber die Arbeitswelt wandelt sich. Arbeitnehmer müssen immer flexibler sein. Gleichzeitig versuchen immer mehr Menschen, durch Teilzeit-Lösungen Familie und Beruf vereinbar zu machen. Die Reallöhne sinken zudem seit Jahren. Wird Selbständigkeit vor diesem Hintergrund nicht attraktiver?

Witt: Das wäre schön, ist aber nur eine Seite. Die andere hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan kürzlich sehr treffend formuliert. Sie sagte, wenn eine Gesellschaft schon alles habe, wachse die Risikoaversion und deshalb gebe es dann weniger Innovation und weniger Gründer. Hinzu kommt: Deutschland ist nach wie vor recht technologiefeindlich. Egal, ob Stammzellenforschung, grüne Gentechnik oder Windenergie - immer gibt es eine große Riege von Bedenkenträgern, die Innovationen gegenüber sehr skeptisch sind und dadurch auch viel blockieren.

SZ: Was raten Sie Gründern vor diesem Hintergrund?

Witt: Ich rate ihnen, sich erst mal auf ihren Business Plan zu konzentrieren und die Umsetzung und sich in diesen frühen Phasen nicht so sehr um die gesellschaftlichen Rahmenhandlungen zu kümmern. Später ist es natürlich wichtig, bei Ängsten über mögliche Chancen und Risiken aufzuklären. Wenn alles nichts hilft, empfehle ich unter Umständen auch, das Unternehmen im Ausland zu gründen.

© SZ vom 22.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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