Mit Kollegen auf dem Oktoberfest:Das ABC der Firmenwiesn

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Beim Wiesn-Besuch im Kollegenkreis gibt es jede Menge zu beachten (Foto: AFP)

Was tun, wenn der Chef zutraulich wird? Muss ich mitgehen, wenn mir das Oktoberfest eine Qual ist? Und worauf müssen Praktikanten achten?

Von Dorothea Grass, Christina Waechter und Matthias Kohlmaier

Gute Wiesn-Gschichten bleiben gut. Wir haben die schönsten Texte der vergangenen Jahre aus dem Archiv gekramt. Der folgende Artikel erschien erstmals 2015.

Anstoßen - Die Anordnung von oben kommt gefühlt 234-mal pro Abend: wenn die Bands auf den Bühnen der Wiesn-Zelte "Ein Prosit der Gemütlichkeit" spielen. Dann greifen alle Tischnachbarn zu ihrer Mass und stoßen an. Wichtig dabei - neben dem obligatorischen In-die-Augen-nicht-ins-Dekolleté-Schauen: den Masskrug am Henkel halten. So wie der Wein im Weinglas warm wird, wenn man das Glas nicht am Stiel hält, erwärmt sich sonst das Bier. Angeblich erspart die richtige Haltetechnik auch Quetschungen am Finger.

Bierbank - Je später der Abend, desto mehr verlagert sich das Geschehen auf die Bierbank. Beim Wiesn-Besuch im Kollegenkreis zeigt sich schnell, ob Sie sich auch auf diesem Parkett bewegen können. Wichtiger Tipp: Erst dann auf der Bierbank tanzen, wenn es auch der Chef tut. Auf Tische steigen nur Vandalen.

Chef - Was ist eigentlich zu tun, wenn der mitfeiernde Vorgesetzte der Arbeitnehmerin nach der dritten Mass keck die Hand auf die Hüfte legt? Variante eins: auf Abstand gehen. Variante zwei: Gibt der Chef keine Ruhe oder ist ohnehin für Fummel-Ausfälle bekannt, sollten Sie sich zeitnah mit dem Betriebsrat in Verbindung setzen.

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Dirndl - Das Dirndl ist - vom Boden aus gesehen - maximal so kurz wie ein Masskrug hoch ist, besagt eine Grundregel. Bodenlange Dirndl können sich dagegen spätestens beim Bierbank-Tanz als böse Stolperfalle entpuppen. Ideale Länge: irgendwas zwischen knöchel- und wadenlang. Trägerinnen von überkniekurzen Party-Dirndln werden schnell Absichten unterstellt, die man im Kollegenkreis bereuen könnte. Eine Bluse unter dem Dirndl ist Pflicht.

Einladung - In der Regel zahlt der, der einlädt und den Tisch reserviert. Wenn Sie Kunden einladen, können Sie die Rechnung an Ihre Firma schicken lassen. Sind Sie aus Eigeninitiative mit Kollegen unterwegs - und sitzen in einer Box, wo Anschreiben möglich ist und Sie nicht jede Mass sofort bezahlen müssen -, teilt man sich am besten zum Schluss die Rechnung. Das schont die Nerven der Bedienung und geht schneller als zwölf Einzelabrechnungen. Egal, wer zahlt, eine Regel zählt immer: Wer auf die Wiesn geht, sollte weder mit Trinkgeld knausern noch über die Preise jammern.

Führerschein - Für diesen Abend einfach mal vergessen. Lassen Sie Ihr Auto zu Hause und verlassen Sie sich stattdessen auf öffentliche Verkehrsmittel, Rikschas, ihre Füße - oder ein Taxi, wenn Sie eines bekommen. Das erspart in den Wochen nach der Wiesn unangenehme Nachfragen beim Mittagessen, warum man eigentlich plötzlich nicht mehr mit dem Auto ins Büro kommt.

Gäste - Sind gut, um nervige Arbeitsinterna zu umschiffen. Die Wiesn ist der perfekte Ort für ungezwungenen Smalltalk und ideal geeignet, um München-Tipps auszutauschen und regionale Eigenheiten mehr oder weniger unterhaltsam zu erläutern.

Hendl - Hier stellt sich die Frage: Mit Besteck oder mit den Händen essen? Beides ist erlaubt. Doch bedenken Sie: Die Patina auf der Lederhose muss schließlich irgendwoher kommen.

Incentive - Bedeutet so viel wie "Anreiz" und wird in Form von Reisen, Ausflügen oder sonstigen kostenfreien Schmankerln gern eingesetzt, um verdiente Mitarbeiter zu belohnen oder verdiente Kunden an sich zu binden. Ein Konzept wie gemalt für einen firmenfinanzierten Wiesnbesuch, nach dem sich alle Kollegen im Idealfall wahnsinnig gern haben.

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Jägermeister - Einer der tückischsten Wiesn-Anfängerfehler: Nachdem die Zelte geschlossen haben, wandert man noch beschwingt über die Festwiese. Der Alkoholpegel ist immer noch im grün-orangenen Bereich. Wer sich jetzt von einem Feierbiest aus der Runde überreden lässt, an einer der Außenbars einen Schnaps zu trinken, der kann sich für die Restwoche krankschreiben lassen. Denn dann eskaliert ein Wiesn-Besuch und endet im harmlosesten Fall in einer Disco im Münchner Umland, in der man sich sonst im Leben nicht sehen lassen würde.

Kleidung - Der Business-Dresscode ist auf dem Oktoberfest außer Kraft gesetzt. Was kaum jemand weiß: Sie dürfen auch in Zivilkleidung aufs Festgelände gehen, es gilt keine Trachten-Pflicht. Tragen Sie, worauf Sie Lust haben. Achten Sie nur auf folgendes: Die Kleidung sollte schmutzresistent und nicht zu teuer sein sowie mindestens eine (körpernahe und verschließbare) Tasche haben, in der Sie Handy, Geld und Schlüssel unterbringen. Sie sollten in diesem Outfit ohne Pannen auf Bierbänken tanzen, Achterbahn fahren und eine Fischsemmel essen können.

Lederhosen - Die ideale Lederhose hat mindestens 40 Jahre auf dem Buckel und wird vom Ehrenvorsitzenden des Trachtenvereins von Truchtlaching mit Würde getragen. Trifft das nicht auf Sie zu, können Sie natürlich trotzdem in die Lederhose steigen. Die klassische bayerische Lederhose endet über dem Knie, ist aus sämisch gegerbtem Hirschleder und hat zur Verzierung Eichen- oder Weinlaub in den klassischen Farben Hellgrün, Moosgrün oder gelb aufgestickt. Will man sich auch mit Zubehör (Schuhe, Hemd, Janker) ausstatten, kann das Outfit schon ein paar tausend Euro kosten. Lohnt sich das? Erstaunlich viele Menschen beantworten diese Frage mit "Ja".

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Mass - Wichtig bei der Ausssprache: "Eine Mass, bitte" - weiblich und mit kurzem a. Belassen Sie es bei maximal zwei, wenn Sie im Geschäftsumfeld unterwegs sind. Kleiner Tipp: Man kann auch Radler-Mass oder Alkoholfreies bestellen.

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Oide Wiesn - Seit 2010 gibt es auf der Theresienwiese ein abgesperrtes Areal, auf das man nur gegen Eintritt kommt. Die Oide Wiesn - eine Art Steampunk-Version der regulären, ist Rückzugsort für Firmenfeiern, bei denen es nicht um Rambazamba, sondern um ein gemäßigtes Beisammensein geht.

Praktikant - Keine Frage, geht eine Abteilung auf das Oktoberfest, dann muss jeder Kollege eine Einladung bekommen - auch Hospitanten. Dass die meist jünger als der Rest sind und daher zu einer anderen Feierkultur neigen können, kann den Spaßfaktor der Veranstaltung durchaus heben. Aber wenn Sie beobachten, wie der Praktikant die zweite Mass auf Ex leert, nehmen Sie ihn kurz zur Seite und mahnen dezent zu etwas Vorsicht. Er wird es Ihnen danken.

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Qual - Es gibt Menschen, denen ist die Wiesn eine Qual. Und sie haben viele gute Argumente, die für ihre Sicht der Dinge sprechen. Diese Menschen sollen um Himmels willen nicht aus gruppendynamischen Gründen aufs Festgelände gezerrt werden. Das verdirbt allen die Laune und grenzt an Körperverletzung.

Rauchen - Seit 2011 gilt in den Oktoberfestzelten ein striktes Rauchverbot. Für Süchtlinge bedeutet das: Entweder auf die Suche nach dem abgetrennten Raucherbereich machen, den die meisten Wirte ausweisen oder enthaltsam bleiben oder zu später Stunde heimlich unter dem Tisch und mit umständlichen Verrenkungen qualmen. Letzteres sieht allerdings sehr peinlich aus und ist daher weder im Freundes- noch im Kollegenkreis zu empfehlen.

Schleife - Kurz und knapp für alle Männer: Ist die Dirndlschürze aus Sicht der Trägerin rechts gebunden, ist die Dame verheiratet (viele Frauen in eheringlosen Partnerschaften binden allerdings auch rechts); sitzt die Schleife an der linken Hüfte, haben Sie eine Singlefrau vor sich. Aber das braucht Sie im Kollegenkreis eigentlich nicht zu kümmern, -> X & Y-Chromosomen.

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Toboggan / Teufelsrad - Wer die Firmenwiesn nicht nur zum geselligen Biertrinken nutzen möchte, aber auch keine Lust hat, mit der gesamten Abteilung Ewigkeiten an der Wilden Maus anzustehen, der ist hier richtig: bei den beiden Klassikern der Wiesnunterhaltung.

U-Bahn - Die öffentlichen Verkehrsmittel Münchens zeigen während der Wiesn zwei Gesichter: Einerseits treffen oft verschiedenste Menschen mit kleinem Schwips und großer Fröhlichkeit aufeinander, was zu großartigen Unterhaltungen führen kann; andererseits riecht es allzu häufig allzu sehr nach Erbrochenem. Tun Sie sich daher lieber mit den Kollegen zusammen und teilen ein Taxi oder eine Rikscha oder machen einen gemeinsamen Abendspaziergang, -> Führerschein.

Verzicht - Wer vom Bier nichts hält, muss der Wiesn nicht zwingend fern bleiben, wenn er auch mit ein paar angetrunkenen Tischnachbarn Spaß haben kann. Wem diese Gabe nicht gegeben ist, der bleibt lieber auch bei der Firmenwiesn daheim, -> Qual.

Weinzelt - Steht stellvertretend für die wenigen Schickimicki-Zelte, die sich nicht nur durch die vermeintliche High Society unter den Gästen, sondern auch durch die entsprechenden Preise auf der Speisekarte auszeichnen. In mancher Branche mag es zum guten Ton gehören, Kunden und Geschäftspartner dorthin einzuladen, um Eindruck zu schinden. Aber wenn die Kasse 13,50 Euro für einen Obatzden und 12,50 Euro für den Schnaps danach hergibt, dann dürfte es der einladenden Firma finanziell durchaus gut gehen. Falls das Ihre ist, umso besser.

X & Y-Chromosomen - Auch wenn Sie es nicht bei den besagten zwei Mass belassen haben oder gar beim Schnaps gelandet sind, sollten Sie an eines denken: Sie treffen die Kollegin/den Kollegen, die/der plötzlich so verführerisch aussieht, morgen oder übermorgen oder spätestens nach dem Wochenende im Büro wieder. Und die alte Regel (Was in Las Vegas passiert, bleibt in Vegas), gilt auf dem Oktoberfest nur dann, wenn Sie sich dort nicht mit Kollegen oder Kunden herumtreiben. Also Finger weg.

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Zuzeln - Die Weißwurst bleibt für Münchner, Bayern, Zugezogene undsoweiter ein Glaubensthema. Falls Sie aber noch nie das Brät direkt aus der Pelle genuckelt haben, sollten Sie das auch dann unterlassen, wenn der Chef mit zuzelndem Beispiel vorangeht. Verzehr mit Messer und Gabel sind beim ungeübten Wurstesser absolut okay.

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