Banken:Ausbildung für Aufseher

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Seit der Finanzmarktkrise sind Regulierer gefragt. Sie bestimmen die Spielregeln für Banken und Versicherungen. Doch nur wenige Hochschulen bieten Regulierungskurse an.

Interview von Katharina Wetzel

Seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise sind Regulierer gefragt. Sie bestimmen die Spielregeln für Banken und Versicherungen. Als Aufseher kontrollieren sie die Einhaltung der Regeln. Die Nachfrage nach entsprechenden Talenten steigt, sagt Andreas Hackethal, Professor an der Goethe-Universität Frankfurt.

SZ: Die Regulierung stand vor der Krise nicht so im Fokus wie heute. Konnten Professoren ihre Studenten mit diesem Thema überhaupt in die Hörsäle locken?

Andreas Hackethal: Auch vor der Finanzkrise gab es schon einen entsprechenden Schwerpunkt in der Bankentheorie: die Einlagensicherung als klassischer Schutz vor "Bank Runs", also vor dem Ansturm auf die Bankschalter. Dieser Schutz verleitet Banken zu Bilanzrisiken, und hierauf sind die Baseler Eigenkapitalregeln, die Sicherheitspuffer vorschreiben, die Antwort. Ich erinnere mich noch gut daran, dass viele Studierende irgendwann die Begriffe Basel I und Basel II nicht mehr hören konnten.

Unis haben das Thema Regulierung auch eher stiefmütterlich behandelt.

Regulierung gehörte schon immer zum Banken- und Finanzmarkt dazu, spielte aber im Hörsaal und in den Lehrbüchern eine Nebenrolle.

Durch die Krise hat sich dies geändert.

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe an Veranstaltungen, nicht nur im Bereich Banken. Über die Verhaltensökonomie ist zum Beispiel auch der Anlegerschutz in den Mittelpunkt gerückt, und auch die Vergütung von Bankmanagern wird im Personalwesen intensiver diskutiert.

Streben Studierende heute eine Karriere in der Aufsicht oder Regulierung an?

Die Zahl der Studierenden, die eine Karriere in Aufsicht oder Regulierung anstreben, hat definitiv zugenommen. Dort winken anspruchsvolle und vor allem sichere Jobs. Und auch die Nachfrage von Aufsichtsbehörden und Zentralbanken nach Talenten ist gewachsen.

Bräuchte es einen eigenen Studiengang für das Thema Regulierung?

Sollte man die teils 17-jährigen Bachelorstudenten gleich am Anfang mit hoch komplexer Finanzmarktregulierung konfrontieren? Sicherlich nicht. Man muss erst mal die Grundlagen von Finanzmärkten und von Finanzintermediären vermitteln. Die meisten Hochschulen haben auch nicht die Kapazitäten, um den Bereich Finanzmarktregulierung in der nötigen Breite und Tiefe abzubilden. Ein Schwerpunkt Regulierung auf Master- Level ist daher oft der bessere Weg.

Was empfehlen Sie Studenten, die sich für den Bereich interessieren?

Es bietet sich etwa an, im Bachelor den Schwerpunkt Finanzen zu durchlaufen und danach einen spezialisierten Masterstudiengang und berufsbegleitende Weiterbildungsangebote zu wählen. Gerade der Bereich Regulierung ist aber nur lernbar und erlebbar, wenn man in den Austausch zwischen Regulierern, Politikern und Verantwortlichen in den Banken eintaucht. Dafür gibt es zum Beispiel in Frankfurt auch viele Veranstaltungen außerhalb des Hörsaals, wo Praktiker vortragen und sich der Diskussion stellen.

Sehen Sie da nicht die Neutralität und Unabhängigkeit gefährdet, wenn Banker etwa als Gastprofessoren referieren?

Unabhängigkeit und Neutralität ist unser höchstes Gut. Das setzen wir sicherlich nicht leichtfertig aufs Spiel. Der wissenschaftlich fundierte Dialog ist für beide Seiten sehr wichtig. Eine Regulierung, ohne zu bedenken, was das für Auswirkungen und Kosten auf der Bankenseite haben kann, wird immer verfehlt sein. Die Sicht der Banken ist eine, die auch wichtig ist, aber sie muss eben kommentiert und moderiert werden.

Aufseher bieten auch selbst Ausbildungsprogramme für Mitarbeiter an. Warum?

Die Aufgabe für Aufseher, ihre Mitarbeiter auf den aktuellen Stand zu bringen, wächst mit dem Tempo und der Komplexität im Finanzsektor. Es gibt ein Netzwerk von internationalen Aufsehern, das ein breites Programm an Weiterbildungsmaßnahmen europaweit anbietet. Es nennt sich European Supervisory Education Initiative, und hier bringen sich auch Hochschulen ein.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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