Bagatellkündigung:Job weg wegen "Bettchenklau"

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Ein Müllmann wurde entlassen, weil er ein ausrangiertes Kinderbett mit nach Hause genommen hatte. Jetzt entschied ein Gericht, ob das gerechtfertigt war.

Erneut haben sich Arbeitsgerichte mit fristlosen Kündigungen wegen Bagatellen befasst. Ein 35 Jahre alter Mitarbeiter des Pfullinger Sportbekleidungsherstellers Erima wurde fristlos entlassen, weil er für seine Lebensgefährtin einen Essensbon im Wert von 80 Cent in der Kantine benutzt hatte. Eine Sprecherin des Arbeitsgerichts Reutlingen bestätigte einen Bericht des Reutlinger General-Anzeigers und der Südwest Presse (Ulm), wonach ein Gütetermin gescheitert sei.

Mehmet Güler vor dem Landesarbeitsgericht in Mannheim. Der Müllmann wurde wegen des angeblichen Diebstahls eines ausrangierten Kinderbetts entlassen. (Foto: Foto: dpa)

Unterstellter "Pflichtverstoß"

Dagegen wurde die fristlose Kündigung eines Müllmanns, der in seiner Firma ein ausrangiertes Kinderbett mitgenommen hatte, auch in zweiter Instanz für unwirksam erklärt. Das Landesarbeitsgericht Mannheim bestätigte damit das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom Juli 2009. "Das Urteil ist nicht zu beanstanden", sagte der Vorsitzende Richter Guido Schlünder. Man könne dem gekündigten Müllmann zwar einen "Pflichtverstoß" unterstellen, doch dieser sei schon so lange für die Entsorgungsfirma tätig gewesen, dass die Kündigung unverhältnismäßig sei. Die Revision hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Im Erima-Fall hatte das Unternehmen argumentiert, dass der als Einkäufer tätige 35-Jährige planmäßig vorgegangen sei, als er sich von einem Kollegen eine Essensmarke für seine Freundin besorgt habe. Planmäßig deswegen, weil es aus steuerlichen Gründen ein ausgeklügeltes System für die Essensmarken gibt, wie der Generalanzeiger berichtete. Jeder Mitarbeiter bekommt danach am Monatsende mit der Gehaltsabrechnung 15 Marken, die seinen Namen tragen und nicht übertragbar sind, wie es ausdrücklich heißt.

Zustimmung des Betriebsrats

Eingelöst werden darf nur eine Marke am Tag und diese muss unterschrieben sein. Man habe durch die Tat das Vertrauen in den Beschäftigten verloren, der über einen millionenschweren Einkaufsetat verfügen kann, erklärte das Unternehmen. Der Betriebsrat hatte der fristlosen Kündigung zugestimmt.

Die Anwälte des Betroffenen meinten, im Rahmen einer Interessenabwägung, wie sie auch das Bundesarbeitsgericht fordere, hätte auch eine Abmahnung ausgereicht. Das Angebot, die fristlose in eine ordentliche Kündigung umzuwandeln, nahm der Kläger nicht an, so dass nun das Arbeitsgericht voraussichtlich im Mai entscheiden muss.

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