Audi-Personalchef:Kontakt ist wichtig

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Thomas Sigi ist seit Oktober 2010 Arbeitsdirektor und Audi-Vorstandsmitglied. Der gebürtige Konstanzer ist verantwortlich für Personal- und Sozialwesen. (Foto: Audi AG)

Thomas Sigi erläutert, worauf es ihm bei Bewerbungsgesprächen ankommt: auf den Menschen, nicht auf den Abschluss.

Interview von Werner Schmidt

Fast jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland hängt an der Automobilindustrie, Jobs in dieser Branche sind gefragt. Allein in diesem Jahr stellt Audi etwa 6000 neue Mitarbeiter ein, sagt Personalvorstand Thomas Sigi.

SZ: Herr Sigi, seit Jahren beklagt die deutsche Wirtschaft den Ingenieurmangel. Gilt das auch für Audi?

Thomas Sigi: Wir erhalten pro Jahr etwa 130 000 Bewerbungen. Das heißt: Während der Arbeitszeit geht bei Audi im Durchschnitt alle 41 Sekunden eine neue Bewerbung ein. Etwa die Hälfte kommt von Akademikern. Wir haben derzeit also keine Probleme, alle offenen Stellen zu besetzen. Gerne würden wir noch mehr Ingenieurinnen einstellen. Das ist aber gar nicht so einfach: Derzeit gibt es unter den Absolventen der Mint-Studiengänge nur elf Prozent Frauen.

Für welche Sparten werden Ingenieure gesucht?

Wir wollen uns vor allem in unseren strategischen Wachstumsfeldern verstärken. Besonders gefragt sind zum Beispiel Experten für alternative Antriebe und Leichtbau. Im Zuge der Digitalisierung suchen wir außerdem Spezialisten aus dem Ingenieurwesen oder der IT, die mit Kenntnissen im Bereich Machine Learning, Cloud Computing, Data Analytics und neue Fahrzeugarchitektur das Thema Audi connect vorantreiben. Für den Bereich Audi mobility wollen wir Experten, die innovative Nutzungsmodelle und gesamtheitliche Mobilitätskonzepte entwickeln. Außerdem suchen wir Ingenieure für Themen rund um die "Smart Factory", die digitale Fabrik der Zukunft.

Wie viele Ingenieurinnen und Ingenieure stellt Audi in naher Zukunft ein ?

In diesem Jahr holt Audi weltweit etwa 6000 neue Mitarbeiter an Bord, 4000 davon in Deutschland. Mehrere Hundert davon werden die Vernetzung des Autos und die Digitalisierung der Fabrik unterstützen. Auch kommendes Jahr werden wir in wichtigen Zukunftsfeldern Experten und Nachwuchskräfte einstellen.

Wer hat die besseren Chancen, ein Absolvent mit Bachelorabschluss oder ein Bewerber mit Masterstudium?

Wir schauen uns in erster Linie den Menschen an und nicht den Abschluss. Wir suchen Mitarbeiter, die für ihr Thema brennen, die Mut beweisen und sich über das Fachliche hinaus engagieren. Dabei ist es in den meisten Fällen nicht allein entscheidend, ob ein Bachelor- oder Masterabschluss vorliegt. Nur für einige Stellen, in denen wir dies explizit fordern, ist ein hoher Spezialisierungsgrad notwendig.

Was sind die primären Erwartungen an einen Hochschulabgänger, der sich für einen Ingenieurjob interessiert?

Fachlich rücken Kompetenzen in der IT immer mehr in den Fokus. Auch die Fähigkeit, vernetzt und flexibel zu reagieren, wird immer wichtiger. Neben der fachlichen Qualifikation wünschen wir uns Herzblut für unsere Themen. Unsere künftigen Mitarbeiter sollten sich mutig einbringen, an ihren Aufgaben wachsen und sich weiterentwickeln.

Weit mehr als 100 000 Menschen bewerben sich jährlich um einen Job in Ihrem Konzern. Wie stellen Sie sicher, den Richtigen oder die Richtige zu finden?

Uns ist es wichtig, frühzeitig direkte und persönliche Kontakte zu potenziellen Bewerbern zu knüpfen. Deshalb tauschen wir uns mit Nachwuchskräften und Experten auf Messen und Karrieretagen oder auch in den sozialen Medien aus. Wir wollen langfristige Bindungen aufbauen. Ein Teil unserer Nachwuchskräfte hat vorher schon seine Abschlussarbeit bei Audi geschrieben oder sein Praktikum bei uns absolviert. In diesem Jahr machen etwa 2000 junge Leute bei uns ein akademisches Praktikum, im Durchschnitt bleiben sie rund fünf Monate. Dabei erwerben sie erste fachliche Qualifikationen, wir lernen sie kennen - und sie wiederum uns. Wenn sie sich auf eine feste Stelle bewerben, erleichtert das den Auswahlprozess. Bei der Personalauswahl gilt grundsätzlich das Mehraugenprinzip, wir beziehen dabei auch künftige Kollegen des Bewerbers mit ein. Wichtig ist uns, dass nicht nur die fachliche Qualifikation stimmt, sondern dass die Persönlichkeit zu Audi passt. So findet umgekehrt auch der Bewerber sehr schnell heraus, ob er sich mit unserer Unternehmenskultur und unseren Werten identifizieren kann.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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