Wer bei einem kirchlichen Arbeitgeber tätig sein will, der muss auch dessen Konfession angehören. So haben es viele Träger von Pflegeheimen und Kindertagesstätten bisher gehandhabt. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg hat nun beantragt: Die Konfession darf kein grundsätzliches Ausschlusskriterium mehr sein. Der Schlussantrag ist noch nicht bindend, die Richter des Gerichtshofs treten nunmehr in die Beratung ein - folgen in den allermeisten Fällen aber dem Schlussantrag.
Für die kirchlichen Arbeitgeber würde sich einiges ändern, wenn es dabei bliebe. Sie müssten künftig nicht nur Bewerber unabhängig von ihrer Religion zulassen, sondern auch begründen können, aus welchen Gründen sie sich gegen ihre Einstellung entschieden haben. Denn abgelehnte Bewerber könnten ihre Konfession beziehungsweise Konfessionslosigkeit als Indiz ihrer Benachteiligung vor einem Arbeitsgericht vortragen. "Die Arbeitgeber, die solchen Anti-Diskriminierungsklagen ausgesetzt sind, dürften dann vor erheblichen Beweisproblemen stehen", sagt Rechtsanwalt Manuel Klingenberg. Das Bundesarbeitsgericht habe inzwischen hohe Rechtfertigungshürden bei Anti-Diskriminierungsklagen aufgestellt.
Die Stelle können sich Kläger zwar auf diese Weise nicht sichern, wohl aber eine Entschädigung: "Entsprechend abgelehnte Bewerber können Schadensersatzansprüche bis zu zwei Monate nach der Ablehnung geltend machen", sagt Klingenberg.
Konkret ging es um den Fall einer Bewerberin beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin, die zuvor vor deutschen Arbeitsgerichten geklagt hatte. Sie interessierte sich für eine befristete Referentenstelle, für die als Voraussetzung in der Stellenbeschreibung die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche oder einer Glaubensgemeinschaft, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen angehört, genannt war. Obwohl die Frau keiner Konfession angehörte, bewarb sie sich. Als sie den Job nicht bekam, klagte sie auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von etwa 10 000 Euro. Sie sei aus Gründen der Religion diskriminiert worden, führte sie an.
Das Bundesarbeitsgericht fragte schließlich den Europäischen Gerichtshof um Rat. Dieser muss nun das Recht des Bewerbers auf Schutz vor Diskriminierung wegen seiner Weltanschauung gegen das Recht kirchlicher Träger auf Autonomie abwägen. Nach dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht dürfen Kirchen selbst entscheiden, welche Maßnahmen zur Verfolgung ihres Auftrages dienlich sind.
Die Zeichen stehen auf eine deutliche Einschränkung dieser Autonomie in Bezug auf Stellenbesetzungen. Denn der Generalanwalt fordere, dass nationale Gerichte überprüfen sollen, ob die fragliche Tätigkeit eine bestimmte Nähe zum Verkündungsauftrag der Kirchen aufweist, sagt Klingenberg. Die Konfession könnte demnach zwar ein zulässiges Kriterium sein, aber mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr pauschal für sämtliche Positionen und Tätigkeiten gelten.
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Bei der Deutschen Diakonie will man vorerst abwarten, ob der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil den Anträgen des Generalanwalt folgt. Die Entscheidung wird für das Frühjahr erwartet. "Die rechtlichen Ausführungen des Generalanwalts berücksichtigen nach Ansicht der Diakonie nicht hinreichend das europarechtliche Prinzip, dass die EU den Status von Kirche und Weltanschauungsgemeinschaften achtet und nicht beeinträchtigt", sagt Vorstandsmitglied Jörg Kruttschnitt. Nicht nur die christlichen Kirchen, sondern alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften müssten die Möglichkeit haben, sich im Rahmen der allgemeinen Gesetze "gemäß ihrer eigenen Werte zu organisieren". Das beinhalte auch, selbst zu entscheiden, für welche beruflichen Tätigkeiten sie religionsbezogene Anforderungen wie zum Beispiel die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche stellen.
Entsprechend der Vorgaben des EuGH wird auch das Bundesarbeitsgericht im Fall der deutschen Bewerberin entscheiden müssen.